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»Alles andere als
leicht verdaulich«

Kunsthalle zeigt große Ausstellung »1937«

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Eine vergleichbare Ausstellung hat es »in Deutschland, ja, in Europa noch nicht gegeben«, davon ist Kunsthallen-Leiter Dr. Thomas Kellein überzeugt. Am 30. September wird »1937. Perfektion und Zerstörung« auf allen Etagen der Kunsthalle inklusive der Studiengalerie eröffnet.

Dass das Konzept überzeuge, beweise schon, dass bereits jetzt, ein halbes Jahr vor Ausstellungsbeginn, 150 Leihgaben aus 50 internationalen Museen sowie 25 Privatsammlungen zugesagt wurden. Zehn Arbeiten kommen aus dem Eigenbestand. Die Ausstellung will einen Überblick über die internationale Kunstproduktion vor exakt 70 Jahren, eben 1937, geben.
1937 steht für den Zeitpunkt, zu dem die Wanderausstellung »Entartete Kunst« in Deutschland eröffnet wurde. Auch Stalin hatte die russische Avantgardekunst aus den Museen entfernen und Künstler als »Spione« entlarven lassen. In Spanien tobte der Bürgerkrieg gegen Francos Militärputsch von 1936, Italien und Österreich wurden stark vom Faschismus geprägt.
Ursprünglich war »1937« in Kooperation mit dem Museum MARTa in Herford geplant gewesen, das MARTa hatte seine Beteiligung aus Kostengründen jedoch abgesagt (das WESTFALEN-BLATT berichtete). Man verzichte deshalb zwar auf die Bereiche Architektur und Präsentation von Ausstellungen - etwa der Weltausstellung von Paris -, halte aber am grundsätzlichen Konzept fest, versicherte Kellein. Er betont: »Die Ausstellung wird alles andere als leicht verdaulich.«
Gezeigt werden Arbeiten überwiegend sehr bekannter Künstler wie Max Beckmann, Salvador Dalí, Max Ernst, George Grosz, Paul Klee, Pablo Picasso, deren Werken eines gemein ist: die Sprache der Angst. Kellein und seine Stellvertreterin Jutta Huelsewig-Johnen, assistiert von Roman Grabner und Felicitas von Richthofen, stellen Arbeiten aus, die zeigen, dass »etwas Furchtbares droht«. Ziel sei es, so Kellein, den Besuchern die Möglichkeit zu eröffnen, sich »in die Geschichte vor 70 Jahren hinein zu bewegen«: »Es ist der Moment, in dem die moderne Kunst ausgelöscht werden sollte.« Ergänzt werden die Werke der unterschiedlichen Stilrichtungen - Surrealismus, Expressionismus, Konstruktivismus, Foto, Film - durch Plakate, Bücher, Zeitschriften aus dem Jahr 1937 und durch Briefe der Künstler, die die Bedrohung, in der sie lebten, widerspiegeln. So hatte Ernst Ludwig Kirchner, obwohl er in der Schweiz lebte, Angst, sich als Künstler zu erkennen zu geben (er nahm sich 1938 das Leben), und so malte Ernst Nolde nur noch Aquarellbilder, weil er fürchtete, der Geruch der Ölfarbe könne ihn verraten.
Zum Filmprogramm werden unter anderem der Olympia-Film der Regisseurin Leni Riefenstahl gezeigt, aber auch der damals äußerst beliebte Bergfilm als Genre und Jean Renoirs »La grande illusion«.
Zeigen möchte Kellein auch die »große künstlerische Sensibilität«: »In allen Werken gibt es eindeutige Hinweise auf Tod und Leiden.«

Artikel vom 30.03.2007