30.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Die Blickkontakte im
Auge behalten

Neues »Eyetracking-Labor« der Universität eröffnet


Von Sabine Schulze
Bielefeld (WB). Sonja Folker und Dr. Hendrik Kösling sitzen sich gegenüber. Jeder hat einen Computerbildschirm vor sich, und jeder sieht darauf vier Objekte abgebildet. An einem einzigen Punkt unterscheiden sich diese Gegenstände. Worin, müssen die beiden im Gespräch ergründen. Dabei suchen sie ab und an den Blickkontakt zum Gegenüber. Dieser Blickkontakt wird festgehalten, gefilmt und später ausgewertet. Denn im neuen »Eyetracking-Labor« der Universität werden Blickkontakte analysiert.
»EyeLand« heißt das Labor, in dem Augenbewegungen untersucht werden und in dem Psycholinguisten und Informatiker gemeinsam arbeiten. Gut 150 000 Euro hat die Einrichtung dieses Labors gekostet, es ist angebunden an den Sonderforschungsbereich »Alignment in Communication«, der von der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft und der Technischen Fakultät getragen wird.
»Wir arbeiten mit zwei Gerätetypen«, erklärt Psycholinguist Dr. Lorenz Sichelschmidt, der den Aufbau des Labors maßgeblich verantwortet. Zum einen gibt es berührungslos arbeitende Geräte, bei denen zwei Miniatur-Infrarotkameras auf die Augen der Bildbetrachter gerichtet sind. Sonja Folker und Hendrik Kösling demonstrieren just ihre Funktion. Ihre Blickrichtungen, ihr Blickkontakt wird in Zusammenhang gesetzt mit ihrem Gespräch. Ziel ist, so Sichelschmidt, die Funktion von Blickkontakten genauer zu erforschen.
Daneben gibt es den aufwändigeren »Eyetracker«. An einer Art Stirnreif ist eine Kamera befestigt, die die Blickrichtung des Probanden aufnimmt. Zwei weitere Mini-Kameras sind auf die Augen gerichtet. »Aus allen Bildern ist die Position der Pupille relativ zur Umgebung zu berechnen. Wir können buchstabengenau sagen, wohin jemand blickt.« Buchstabengenau, weil dieses System zum Beispiel in der Leseforschung eingesetzt wird. Es erlaubt Aussagen darüber, wie ein Text aufgenommen wird, wo der Leser stutzt, wann er mit den Augen zurückschweift, um einen Bezug zu suchen. »Letztlich gibt diese Forschung Hinweise darauf, was einen verständlichen Text ausmacht und hilft bei Formulierungen.«
Ein Anwendungsbezug liegt aber auch in der Entwicklung von Navigationssystemen, Analyse von Verkehrssituationen, in der Verbesserung von Webseiten - Lycos hat die Expertise der Bielefelder Wissenschaftler bereits genutzt - oder bei der Gestaltung von Werbeanzeigen. Damit der Betrachter wirklich sein Augenmerk auf das richtet, was gemeint ist.

Artikel vom 30.03.2007