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Chefs reden blumig und missverständlich

Wenn sie das »Anerkennen von Autoritäten« fordern, heißt das: »Wir können euch alle feuern«

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Chefs haben nie Schuld. Sie sind Weltmeister im Delegieren langweiliger Aufgaben, und sie reden bewusst missverständlich. All dies behauptet Bernd Stromberg in dem neuen Langenscheidt-Sprachführer »Chef-Deutsch, Deutsch-Chef: Klartext am Arbeitsplatz« (Berlin, 9.95 Euro).

Glaubt man dem Buch, heucheln Chefs Verständnis nur. Wenn sie »Ich verstehe Ihren Standpunkt« sagen, meinen sie eigentlich »Er interessiert mich aber nicht«. Loben sie einen Mitarbeiter für einen »interessanten Ansatz«, denken sie in Wirklichkeit »Was für ein Schwachsinn«. So ganz ernst zu nehmen ist das Lexikon der Chefsprache nicht, schließlich steckt hinter der Kunstfigur Bernd Stromberg der Komiker Christoph Maria Herbst, der mit seiner TV-Serie auf ProSieben hohe Einschaltquoten erzielt. Seit März läuft die dritte Staffel, inzwischen gibt es sogar ein PC-Spiel mit dem Titel »Büro ist Krieg!«
Die Leser werden sich über das Buch amüsieren, denn sie finden vieles aus ihrem Arbeitsalltag bestätigt. Während Chefs Unterstützung wie selbstverständlich einfordern, schalten sie umgekehrt nicht selten auf stur. »Sobald ich mich aus meinen Terminen freischaufeln kann, stehen Sie und Ihr Problem bei mir auf Platz 1 der Prioritätenliste«, blocken sie blumig die Bitte um Hilfe ab.
Für Probleme seien immer die Untergegebenen zuständig, schreibt Herbst, und nervtötende Aufgaben würden Chefs schön lackieren und dann wegdrücken. Etwa mit den Worten: »Das ist eine sehr große Verantwortung, die ich Ihnen hier übertrage!« Subtil werde Druck auf die Belegschaft ausgeübt. Wenn der Abteilungsleiter das »Anerkennen von Autoritäten« anmahne, drücke er in Wirklichkeit aus: »Ich kann euch alle feuern.« Konkurrenten halte der Chef auf Distanz, indem er ihnen Honig um den Bart schmiere und beschränkte Machtbefugnis vorgaukle: »Wenn es nach mir ginge, würden Sie in einer weitaus verantwortungsvolleren Position arbeiten!«
Bitten des Chefs müssten Mitarbeiter als Befehle interpretieren, betont Herbst. Denn gleichzeitig erweckten die Autoritäten im Büro den Eindruck, selbst permanent beschäftigt zu sein. Chefs hätten die Angewohnheit, die Verantwortung für Fehler stets anderen aufzuladen und Mitarbeiter zu besonderer Gründlichkeit anzustacheln, indem ihnen Angst vor dem Versagen gemacht wird. Herbst nennt als Beispielsatz: »Wenn Sie das verbocken, fällt das auf die ganze Abteilung zurück. Und das wollen Sie doch nicht.«
Die Alarmglocken sollten bei der vermeintlich harmlos klingenden Bemerkung »Sie sehen ja richtig erholt aus nach Ihrem Urlaub« schrillen, denn das bedeute für die nächsten Tage viel Arbeit. Umgekehrt müsse ein Angestellter von mangelnder Wertschätzung seiner täglichen Leistungen ausgehen, wenn ihn der Chef mit der Organisation der Weihnachtsfeier betraue, schlussfolgert der Autor. Und die Zeichen stehen auf Trennung bei dieser blumigen Formulierung: »Ich hab' bei Ihnen so ein Stück weit das Gefühl, dass Ihre Fähigkeiten und die Anforderungen, die die Firma an Sie stellt, nicht miteinander konform gehen.«

Artikel vom 31.03.2007