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Lurz zieht Manaudou

Schwimm-WM: drei Weltrekorde an einem Tag

Melbourne (dpa). Eine Deutsche und eine Französin schwimmen in Melbourne wie Überirdische. Annika Lurz und Laure Manaudou haben in 1:55,52 Minuten und mit einer minimalen Verzögerung bei Lurz von 16/100 Sekunden einen Erdrutsch des Welt-Schwimmsports herbei geführt.

»Ich habe meinen Augen nicht getraut. Wahnsinn« - Annika Lurz konnte es nicht fassen. Innerhalb von 24 Stunden wurde die Van- Almsick-Weltrekordmarke (1:56, 64) zunächst unterboten und dann pulverisiert.
Wie hatte Annika Lurz an sich gezweifelt nach indiskutablen 1:59,42 im Vorlauf - eine Zeit, die für sie geradezu lächerlich ist. Dann gab es eine Kopfwäsche von ihrem Mann Stefan, der sie auch coacht. »Ich habe viel mit meinem Trainer gesprochen«, erklärte sie und schob die Ehe erstmal bei Seite. Dass die Athletin kaum zu Wort kam, umschrieb sie sehr elegant: »Es war eher ein Monolog - aber nicht von mir.«
Die Folge des »Gesprächs« war schon im ersten Anlauf weltrekordreif. Ohne den Druck, »den ich mir selbst auferlegt habe«, trieb Annika Lurz ihre italienische Halbfinal-Konkurrentin Federica Pellegrini zu 1:56,47. Franziska van Almsick war ihren Status als Weltrekordlerin los, den die junge Mutter seit ihrem WM-Triumph von 1994 innehatte. Annika Lurz blieb in 1:56,67 nur 3/100 von der Van-Almsick-Zeit vom 3. August 2002 entfernt. »Riesig erleichtert« sei sie gewesen: »Wenn der Kopf mitspielt, ist auch der Körper frei.«
Und wie frei sie plötzlich war, offenbarte sich im Kampf um die Medaillen. Beflügelt legte die 27-jährige Annika Lurz ein Tempo vor, das nur der Topstar aus Frankreich halten, am Schluss sogar steigern - und an der Deutschen vorbeiziehen konnte. »Da ist kein schade, kein leider und kein nur dabei. Ich akzeptiere und respektiere.« Neidlos und in höchster Anerkennung vor Manaudou beugte sich die Deutsche ihrer Konkurrentin: »Ich freue mich für sie, dass sie eine solche Zeit geschwommen ist.«
Nur Minuten nach dem Wahnsinns-Rennen strahlte Annika Lurz mit den Scheinwerfern um die Wette. Eine Wasserflasche in der rechten Hand, über der linken Schulter ein weißes Handtuch - und dann dieses Dauerlachen, das von restloser Zufriedenheit zeugte. »Ich war total entspannt und relaxt.« Ihr Ziel hatte sie schließlich schon mit der Halbfinal-Leistung erreicht: »Ich wollte hier Bestzeit schwimmen. Das heute war eine Zugabe.«
Weitere Weltrekorde gab es durch Michael Phelps und Leila Vaziri (beide USA). Der 21-Jährige Olympiasieger drückte bei seinem Titelgewinn über 200 Meter Schmetterling seine erst fünf Wochen alte Bestmarke von 1:53,71 Minuten auf sensationelle 1:52,09.
Die fünfte Bestmarke stellte Vaziri mit 28,16 Sekunden über 50 Meter Rücken im Halbfinale auf. Damit ist Janine Pietsch aus Ingolstadt ihren Rekord los.

Artikel vom 29.03.2007