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Besser sehen in der Nacht
Autozulieferer Hella aus Lippstadt entwickelt Fahrerassistenz-Systeme
Das Ziel des Autozulieferers Hella aus Lippstadt ist klar definiert. »Wir wollen mit unserem Fahrerassistenz-System dazu beitragen, die Verkehrssicherheit zu verbessern.« Ungenügender Sicherheitsabstand, Übermüdung, schlechte Sicht oder zu hohes Tempo sind die Hauptursachen für Unfälle auf den Straßen. Allein im Jahr 2005 starben europaweit deshalb mehr als 40 000 Menschen, 1,2 Millionen wurden verletzt. Diese Zahlen bis 2010 erheblich zu reduzieren hat ein Aktionsplan der EU zum Inhalt. Beitragen dazu können aktive Assistenz-Systeme, die vorbeugend und warnend eingreifen.
Zudem arbeitet der Elektronik- und Lichtspezialist Hella an Lösungen, die Sicht bei Nachtfahrten deutlich zu erhöhen. Hierbei spielen Kombinationen von Spezialkameras und LED-Technik eine entscheidende Rolle. Während LED-Heckleuchten inzwischen bei vielen Herstellern eingesetzt werden, gibt es bislang noch keine Scheinwerfer, die mit diesem Licht ausgerüstet sind. Audi im R8 und Lexus im LS 600 haben den Einsatz für das Jahresende angekündigt. Hella geht davon aus, dass bis 2012 eine Vielzahl von Oberklasse-Modellen mit LED-Frontlicht-Anteilen (Blinker, Kurvenlicht oder Tagfahrlicht) ausgestattet sind. Voll-LED-Scheinwerfer werden nach Ansicht der Experten noch länger benötigen, um sich durchzusetzen. Zum einen ist dafür eine neue Gesetzgebung erforderlich. Auf der anderen Seite sind sie noch sehr teuer (derzeit 100 Prozent mehr als Xenon-Licht).
Der Vorteil der LED-Technik liegt zunächst einmal in der Lichtfarbe. Erscheint Halogen eher gelblich und Xenon eher blau kommt LED ganz nah ans Tageslicht heran. Die Lichtleistung erreicht im Moment aber noch nicht ganz die der Xenon-Technik. Die Hella-Spezialisten gehen davon aus, dass die LED-Hersteller spätestens 2009 mit ihren Produkten diese Lücke geschlossen haben.
Der eigentliche Clou der neuen Technologie aber ist, dass jede einzelne LED im Scheinwerfer einen definierten Bereich der Fahrbahn ausleuchten kann. In Verbindung mit Kameras, Radar- und/oder Infrarot-Technologie sind in Zukunft intelligente Lichtsysteme möglich, die bei Nachtfahrten die Sicherheit erhöhen. »Licht muss dorthin, wo man es benötigt«, gibt Dr. Christian Amsel, Leiter Vorentwicklung lichtbasierte Fahrerassistenz bei Hella, die Marschrichtung vor. So werde derzeit das Fernlicht beispielsweise nur in zehn Prozent aller möglichen Fälle genutzt. Bei 90 Prozent der Nachtfahrten seien die Autos mit Abblendlicht unterwegs, da die Lichtverteilung den besten Kompromiss für alle Verkehrssituationen biete.
Doch bei Hella hat die Zukunft bereits begonnen. Von Kameras gesteuerte Scheinwerfer erkennen in entsprechend ausgestatteten Erprobungsfahrzeugen die Hell-Dunkel-Grenze, verstellen kontinuierlich die Reichweite, um weder den entgegenkommenden noch den vorausfahrenden Verkehr zu blenden. Dabei ist im Gegensatz zu heute das Fernlicht optimal zu nutzen. Bei Testfahrten mit Fernlicht wurde ohne jedes Zutun des Fahrers nie ein anderes Auto geblendet. Die eigene Sicht war jederzeit optimal. Selbst in Senken oder an Kuppen reagierten die von Kameras gesteuerten Scheinwerfer und brachten beste Ausleuchtung. Die Folge: viel Komfort für den Fahrer verbunden mit einem hohen Sicherheitspotential. In Serie gehen könnte ein solches System - auch ohne LED-Einsatz - 2010.
Mindestens zwei weitere Jahre werden vergehen, bis das »blendfreie Fernlicht« Einzug hält. Dabei wird der Verkehrsraum komplett ausgeleuchtet, der Bereich des entgegenkommenden Autos aber ausgespart - und das dem Tempo angepasst kontinuierlich. Wolfgang Schäffer

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Artikel vom 06.04.2007