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Lokale Identität ist der Schlüssel zum Erfolg

Städte müssen Gefahr der Austauschbarkeit mit individuellen Angeboten entgegnen

Von Sabrina Beck (Text und Foto)
Bielefeld (WB). Die Erhöhung der Lebensqualität sowohl für die Bürger als auch für die Besucher einer Stadt muss das Hauptziel eines modernen Städtemarketings sein. Das erklärte Referentin Jeanette Huber beim gestrigen Tourismus-Forum in der Stadthalle.

Auch Bielefeld stehe vor der Herausforderung, die Zeichen der Zeit zu erkennen und entsprechend zu handeln, sagte die Trendexpertin des in Kelkheim/Taunus beheimateten Zukunftsinstituts. Es gelte individuelle Angebote zu schaffen. »Bielefeld muss lernen, verstärkt in Lebensstilen zu denken«, meinte Jeanette Huber.
Das Thema des von der »Bielefeld Marketing« veranstalteten Forums lautete »Städtetourismus und demographischer Wandel - Die Stadt als Erlebnisbaukasten«. Die Bedürfnisse des Städters haben sich laut Ansicht der Experten verändert: »Alte Strukturen im Bildungsbürgertum sind nicht mehr haltbar«, erläuterte Jeanette Huber. Eine Stadt müsse deshalb zielgruppenorientiert auf das Individuum zugeschnittene Angebote entwickeln.
In ihrem Vortrag zum »Future Tourism« stellte Jeanette Huber den 140 Anwesenden die wichtigsten Megatrends auf dem Tourismussektor vor. Wissen werde zum Erfolgsfaktor in der Gesellschaft, die so genannte kreative Klasse fordere Serviceleistungen vom Internet bis hin zum »Kopfkissenmenü« - und zwar von der Jugendherberge ebenso wie vom Fünf-Sterne-Hotel. Das alles natürlich zu moderaten Preisen.
»Eine Stadt, die einen Kongress ausrichten möchte, muss heute auch die Baby-Frage klären.« Damit machte die Zukunftsforscherin mit Blick auf die gestiegene Frauenquote in Führungspositionen auf einen weiteren Trend aufmerksam. Als vorbildliches Beispiel führte sie das Berliner Kinderhotel »Kinderinsel« an, das sowohl Privatkunden als auch Messe- und Kongressteilnehmern 24 Stunden am Tag Kinderbetreuung anbietet.
Den Wandel der Nachfrage - von der Spaß- zur Sinngesellschaft - griff auch die Soziologin Prof. Dr. Felizitas Romeiß-Stracke in ihrer Betrachtung des »Städtetourismus zwischen Event-Hype und neuer Urbanität« auf. Die Gründerin des Münchener Büros für Freizeit- und Sozialforschung warnte vor der zunehmenden Austauschbarkeit europäischer Städte durch Filialisierung, Standardisierung, Virtualisierung und Globalisierung. »Die lokale Verantwortung geht verloren.« Die Städte müssten Urbanität durch lokale Identität schaffen. Dazu gehöre ein ansprechendes Erfahrungsdesign auf öffentlichen Plätzen, in Fußgängerzonen und auch außerhalb der touristischen Kernstadt.
»Letztlich müssen die Städte wirtschaftlich denken und handeln«, räumte Jeanette Huber ein. Bielefeld brauche keine eigene Staatsoper, um kulturell interessierte Besucher anzulocken. »Die Stadt kann auch ein Ensemble in die Region holen, das nur kurz hier gastiert«, lautet ihr Vorschlag.
Abschließend stellte Peter Semering beispielhaft die Hansestadt Bremen als »Die Stadt der vielen Gesichter« vor. Der Vizepräsident des Deutschen Tourismusverbandes und Vorsitzende des DTV-Städte- und Kulturforums leitet seit 1997 die Bremer Touristik-Zentrale.

Artikel vom 29.03.2007