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Mehr Konkurrenz
für »große Vier«

FDP will Betreuung ausschreiben

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Die faire Ausschreibung von Betreuungsleistungen statt der Vergabe an einen fast geschlossenen Kreis weniger großer Anbieter aus der Wohlfahrtspflege will die FDP.

Um Wettbewerb in diesem Bereich zu schaffen muss das Sozialgesetzbuch XII (SGB) geändert werden. Immer mehr geistig behinderte und suchtkranke Menschen würden von den großen Vier - AWO, Caritas, Diakonie und Paritätischer Wohlfahrtsverband - im ambulanten Wohnen betreut, heißt es in einem Antrag der OWL-Liberalen, der zu einer Bundesratsinitiative führen soll.
In Westfalen-Lippe koste die ambulante Versorgung in den eigenen vier Wänden für Menschen mit Behinderung, die Eingliederungshilfe, sprich: Sozialhilfe erhalten, um die 7800 Euro im Jahr, rechnet Autor Stephen Paul vor. Bei 17 600 Hilfeempfängern in ganz NRW würden allein in diesem Teilbereich 137 Millionen Euro bewegt. 90 Prozent der Leistungen werden von den Großen der Freien Wohlfahrtspflege erbracht. Üblich sei, dass die öffentliche Hand auf deren Leistungs- und Vergütungsforderungen nur reagieren könne. Neue Anbieter hätten in diesem »Oligopol« kaum Chancen. Paul: »Tatsache ist, dass die Vergütungen in Westfalen-Lippe im bundesweiten Vergleich recht hoch liegen und man sich fragen darf, wieso?«
Paul und der Herforder Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler greifen mit ihrem Vorstoß die Initiative des ehemaligen Landesdirektors Wolfgang Schäfer auf. Der war an den Gerichten gescheitert, da das SGB XII nicht klar genug die Einführung von wettbewerblichen Verfahren beim Abschluss von Vergütungsvereinbarungen erlaubt.
Wettbewerb müsse nicht weniger Qualität bedeuten, meinen Paul und Schäffler. Der Kostendruck verlange Wirtschaftlichkeit. 2003 wurden 11 000 Menschen in NRW ambulant betreut, zwei Jahre später schon 17 600. Durch Qualitätsvorgaben könne die gewohnte Qualität aufrecht erhalten werden. Solange Anbieter über ihre Vergütung mitentscheiden dürften, sei davon auszugehen, dass noch Effizienzreserven im System steckten, meinen die Liberalen. Bislang genössen die großen Vier den angenehmen Vorteil, dass Vereinbarungen über die Höhe von Vergütungen nachwievor »im Einvernehmen zwischen Kostenträgern und Leistungserbringern« abgeschlossen werden müssen.

Artikel vom 29.03.2007