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Ausländer erhalten Bleiberecht

Bundeskabinett verabschiedet Reform des Zuwanderungsgesetzes

Berlin (dpa). Zehntausende bisher geduldete Ausländer können bald mit einer langfristigen Aufenthaltserlaubnis in Deutschland rechnen.

Das Bundeskabinett verabschiedete gestern in Berlin Regelungen, die bis zu 100 000 der zur Zeit 170 000 geduldeten Ausländern unter bestimmten Bedingungen ein Bleiberecht eröffnen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte nach der Kabinettssitzung, das neue Zuwanderungs- und Bleiberecht, das zu einer weiteren Harmonisierung des europäischen Asylrechts führe, verursache keine weitere Zuwanderung und erhöhe die innere Sicherheit. Opposition, Gewerkschaften und Flüchtlingsverbände kritisierten die Regelungen.
Das Gesetz bekämpfe Schein- und Zwangsehen, sagte Schäuble. Für einen Ehegattennachzug müssen beide Partner mindestens 18 Jahre alt sein und »einfache deutsche Sprachkenntnisse« nachweisen können, um die Integrationsfähigkeit zu stärken. Ausnahmen seien besonders bei Hochqualifizierten und Firmengründern möglich. Bei Zuwanderung aus Ländern, mit denen erleichterte Einreisebedingungen bestehen, seien keine derartigen Kenntnisse nötig.
Schäuble betonte, das Gesetz solle die Zuwanderung in die Sozialsysteme unterbinden. Damit werde es auch keine zusätzliche Belastung für die Kommunen geben. Eine verbesserte Zusammenarbeit mit Arbeitsverwaltung und Ausländerbehörde solle vielmehr die Integration dieser Menschen in den Arbeitsmarkt erleichtern.
Ausländer, die in Deutschland investieren und so Arbeitsplätze schaffen wollen, müssen für die Aufenthaltserlaubnis nicht mehr mindestens eine Million Euro investieren, sondern nur die Hälfte. Forscher erhalten einen besonderen Aufenthaltstitel.
Nach vier Jahren Duldung hat ein Ausländer die gleichen Arbeitsmarktzugangschancen wie ein Deutscher. Geduldete Ausländer können ein Bleiberecht erhalten, müssen allerdings bis Ende 2009 eine Arbeit finden und erhalten bis zur Arbeitsaufnahme keine höheren Sozialleistungen.
Bei Verweigerung von Integrationsangeboten sind Sanktionen vorgesehen. So wird die staatliche Leistung um 30 Prozent gekürzt, wenn sich der Bewerber nicht ordnungsgemäß an den Integrationskursen beteiligt. Für Integrationsverweigerer werde ein Bußgeldtatbestand eingeführt. Für die innere Sicherheit seien Konsequenzen aus den versuchten Kofferbombenanschlägen von vergangenem Juli gezogen worden.
In dem Gesetzentwurf seien auch Vorschläge der Innenministerkonferenz zur Vereinheitlichung der Regelungen beim Einbürgerungsverfahren eingeflossen, erläuterte Schäuble. Er forderte Bundestag und Bundesrat auf, das Gesetz rasch zu verabschieden. Dieses soll Mitte Juli in Kraft treten. Schäuble rief die Bundesbürger zu »Toleranz und Offenheit« gegenüber Migranten auf. Allerdings müsse auch der »Missbrauch unseres Aufenthaltsrechts« vermieden werden, wenn »wir die Toleranz und Offenheit unserer Gesellschaft erhalten wollen«.
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl sprach von einem »großen Antiausländerpaket alias Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union« und erklärte: »Das Resultat ist absehbar: Mehr Haft, weniger Rechtsschutz, mehr Ausgrenzung.«

Artikel vom 29.03.2007