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Richter moniert schäbiges Verhalten

BMW-Fahrer nimmt Biker die Vorfahrt - Gericht verhängt 1500 Euro Strafe

Bielefeld (uko). Für jeden Zweiradfahrer ist diese Situation der Albtraum: Ein Pkw biegt zu weit auf die vorfahrtberechtigte Straße ein und zwingt den Biker, blitzartig auszuweichen. Das Amtsgericht verurteilte jetzt einen Autofahrer deshalb zu 1500 Euro Geldstrafe wegen fahrlässiger Körperverletzung.

Die landschaftlich reizvolle Osningstraße ist von Motorradfahrern eine gern befahrene Route. Auch der Bankier Jens F. war hier am 25. Juli 2006 mit seiner Yamaha YZF R 1 unterwegs; er fuhr von Sennestadt in Richtung Innenstadt. Hinter der Kurvenkombination nach dem »Eisernen Anton« passierte es: Auf der Selhausenstraße näherte sich von rechts ein BMW, so dass Jens F. nur noch eines durch den Kopf schoss: »Ich dachte, der schießt mich ab.«
Die Sorgen des 32-jährigen Bielefelders waren berechtigt: Der BMW sei über die Haltelinie gefahren und habe ihn zu einem nicht mehr zu kontrollierenden Ausweichmanöver geradewegs durch die Kurve gezwungen. Jens F. prallte mit seinem Motoorad gegen den rechten Bordstein. Schon auf dem Asphalt liegend, habe er aus dem Augenwinkel gesehen, dass der BMW einige Meter zurück auf die Selhausenstraße manövriert wurde. Erst dann sei der Fahrer ausgestiegen und habe sich dann mit einem später an der Osningstraße eingetroffenen Motorradfahrer um ihn gekümmert.
Der Vermögensberater trug nicht nur Prellungen, sondern auch eine komplizierte Verletzung des rechten Handgelenks davon. Das Motorradfahren ist für den passionierten Biker wohl für immer passé, er leidet zudem unter einer irreparablen Einschränkung der Beweglichkeit des Handgelenks.
BMW-Fahrer Klaus B. (39) war sich als Angeklagter vor dem Amtsgericht keiner Schuld bewusst. Kurz vor der Einmündung auf die Osningstraße sei er »maximal 20, 30 Stundenkilometer gefahren«. Der Motorradfahrer habe erst »mit Verzögerung gebremst«. Mehr noch: F. habe »einen unsicheren Eindruck gemacht«. Er selbst habe es »für besser gehalten, die Polizei zu verständigen«.
Der Motorradfahrer hatte die erste Begegnung anders in Erinnerung: »B. sagte, es tue ihm leid, aber daraus könne ich keine rechtlichen Ansprüche ableiten.« Immerhin ist der Angeklagte Rechtsanwalt, der sich neben dem Strafverfahren auch zivilrechtlichen Ansprüchen des Bankiers ausgesetzt sieht.
Für Amtsrichter Wolfgang Heimann gab es keine Zweifel an der Schuld des Autofahrers. Ihm sei der Motorradfahrer »völlig glaubwürdig« vorgekommen, schrieb er dem Rechtsanwalt ins Urteil. Selbst wenn er von der Unfallschilderung des Angeklagten ausgegangen wäre, hätte der Autofahrer gegen Paragraph 8 der Straßenverkehrsordnung verstoßen und eine Vorfahrtverletzung begangen.
Im übrigen monierte der Richter das »uneinsichtige Verhalten« des Rechtsanwalts. »Jemand, der es zu seinem Beruf gemacht hat, anderen zu helfen, kann sich nicht so schäbig verhalten.«

Artikel vom 04.04.2007