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Wenn zwei Brüder
ein Buch schreiben

Bernhard und Hans-Jochen Vogel als Autoren

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Zu aktiven Zeiten sind sie höchst selten zusammen aufgetreten, jetzt haben sie gemeinsam ein Buch geschrieben: Auf »Deutschland aus der Vogel-Perspektive« blicken die Brüder Hans-Jochen (SPD) und Bernhard (CDU).

Eine Schau von oben herab ist ihre »Kleine Geschichte der Bundesrepublik« (Untertitel) auf keinen Fall. Dabei haben die beiden Brüder auf sehr verschiedenen Wegen höchste politische Ämter erreicht.
Hans-Jochen Vogel, der ältere 1926 geborene Bruder, ging seinen Weg über die deutsche Sozialdemokratie: Oberbürgermeister in München, Regierender Bürgermeister von Berlin, Bauminister, Justizminister, SPD-Fraktionschef in Bonn und Bundesvorsitzender der SPD.
Der sieben Jahre jüngere Bernhard Vogel drehte als führender Kopf der anderen großen Volkspartei, der CDU, an nicht minder wichtigen Stellschrauben der Demokratie: Kultusminister und Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz, nach der Wiedervereinigung Landesvater von Thüringen, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung und Mitglied im CDU-Bundesvorstand.
Trotz all dieser Leistungen kein bisschen abgehoben, lesen sich die 22 Kapitel dieses doppelten Erinnerungsbuchs angenehm persönlich und höchst informativ. »Kein historisches Kompendium, sondern einen individueller Blick auf die Geschichte der Bundesrepublik« versprechen die beiden Autoren im Vorwort. Den mit allerlei Bedeutungen gewiss interpretierbaren Buchtitel holen sie dabei in der ihnen gemeinsam eigenen Bescheidenheit auf den Boden der Tatsachen zurück: »Vogel-Perspektive« bedeute lediglich den Blickwinkel »zwei Brüder dieses Namens, die ihr Leben lang im Dienst des Gemeinwesens waren.«
Drei Kapitel haben sie gemeinsam geschrieben, acht stammen aus Bernhards Feder, elf hat Bruder Hans-Jochen verfasst. Herausgekommen ist eine erlebte Innensicht deutscher Nachkriegsjahrzehnte. Zeitgenossen kann sie als Lektüre dienen, Nachgeborenen als verständliche Originalquelle einer bewegten, mal etwas miefigen, mal berauschenden Zeit.
Mit höflichen Worten entschuldigen die beiden Autoren, dass bestimmte Ereignisse doppelt beschrieben werden. Dabei macht gerade dies den einmaligen Reiz aus. »Verzichtet haben wir darauf, uns immer dann ausdrücklich zu widersprechen, wenn wir Ereignisse oder auch Personen unterschiedlich beurteilen«. Schade eigentlich!
Ob Kriegsende - der eine Soldat, der andere noch Schüler - Adenauer oder Schumacher, Mauerbau und Kiesinger, 68er Bewegung, Helmut Schmidt oder Helmut Kohl: Alle wichtigen Stationen der deutschen Geschichte begleiten die Autoren auf ihre Art. Der jeweils etwas andere Blickwinkel bietet für manche Leser überraschend Neues, mitunter auch verblüffend Anderes.
»Deutschland aus der Vogelperspektive - Eine kleine Geschichte der Bundesrepublik«, von Bernhard Vogel und Hans-Jochen Vogel, Herder-Verlag, 19,90 Euro.

Artikel vom 30.03.2007