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Vom Tiger, der doppelt
auf der Liste auftauchte

Größtes deutsches Statistikertreffen in der Universität

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Zur größten Tagung auf deutschem Boden haben sich 700 Statistiker aus elf Fachgesellschaften in der Universität versammelt. Bis zum Freitag wollen sie Methoden vorstellen, die interdisziplinär Früchte tragen können.

Denn Statistik ist nicht gleich Statistik. Es gibt die klassischen Mathematiker und die Demographen, deren Daten der Politik bei ihren Entscheidungen helfen. Da sind die Ökonometriker, deren Dienste in Finanz- und Betriebswirtschaft geschätzt werden, die Epidemiologen und die rasant bedeutsam gewordenen Biometriker, die Prozesse in Land- und Forstwirtschaft sowie in Medizin und Pharmawirtschaft begleiten.
»In vielen Jahren getrennter Forschung haben die Einzeldisziplinen Insellösungen entwickelt«, bedauert Prof. Göran Kauermann, Gastgeber der ersten Tagung ihrer Art und Vorsitzender der DAGStat (Deutsche Arbeitsgemeinschaft Statistik), der auf einen »fulminanten Start« hofft. »Wir wollen verschiedene Methoden kennenlernen und zwecks effizienterer Arbeit zusammenführen.«
Was hat der Bürger davon? Um Beispiele ihrer segensreichen Tätigkeit ist die Zunft nicht verlegen. »Denken Sie an den Contergan-Skandal«, sagt Prof. Andreas Ziegler (Uni Lübeck), Präsident der Biometrischen Gesellschaft. »Seither begleiten Statistiker den kompletten Prozess der Zulassung von Medikamenten.« Oder Futtermittel: »Die Landwirte wollen wissen, ob sie schnellere Masterfolge erzielen, wenn sie ihren Schweinen Gerste oder Kartoffeln vorsetzen.«
Welche Baumsorten muss der Förster pflanzen, damit ihm ein ertragreicher Wald heranwächst? Wird das Fleisch zarter, wird die Milch leckerer, wenn das Rind als Single im Stall steht oder geborgen in der Herde? Liebt die Schwarzbunte die offene oder die geschlossene Unterkunft?
Überhaupt bilden Statistiker und Tiere eine perfekte Symbiose, und so geht man Tiger zählen im Dschungel. Problem: Capture und Recapture. »Wir müssen ausschließen können, dass ein mehrfach gesichteter Tiger merhfach in der Liste auftaucht, wenn wir den Bestand der Tiere genau ermitteln wollen«, sagt Prof. Karl Mosler (Uni Köln), Präsident der Deutschen Statistischen Gesellschaft.
Statistiker machen sich überall nützlich. »Befragen Sie drei Leute zum Rauchverbot. Zwei sagen: Zigaretten weg, einer will qualmen. Wie aussagekräftig ist das?«, fragt Kauermann. In der Bielefelder Uni hätte man 100 Leutchen interviewen können, 1284 oder gleich alle 23 000. Die Statistiker wählten den intelligenten, den wissenschaftlichen Ansatz. Ergebnis: »Zwei Drittel wollten das absolute Rauchverbot im Hause.« Zwei von dreien.

Artikel vom 28.03.2007