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Bei Eheproblemen
hilft »Ich« sagen

Männer schalten schnell auf stur

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Eheprobleme sollten nicht sofort angesprochen werden. Die Aufforderung »Liebling, wir müssen reden« empfänden Männer als Bedrohung, berichtet der Beratungsdienst »simplify your life«.

Bei Vorwürfen würden im Körper des Mannes große Mengen des Stresshormons Cortisol ausgeschüttet. Der Mann nehme eine Abwehrhaltung ein, und deshalb sollten Probleme erst einmal ausgehalten werden, schreibt das Blatt und beruft sich auf Untersuchungen amerikanischer Psychotherapeuten. Mit zusätzlichen Zärtlichkeiten auf Spannungen zu reagieren, könne stattdessen eine Atmosphäre der Geborgenheit schaffen, in der klärende Gespräche leichter fielen.
»Wenn es so einfach wäre, hätten wir viele Paarkrisen weniger«, bezweifelt Reinhold Schmitz-Schretzmair von der »Gesellschaft für wissenschaftliche Gesprächspsychotherapie« (GWG) in Köln die Wirksamkeit der Vorschläge. Streit zu unterdrücken, helfe nicht weiter. Männer reagierten ausgesprochen sensibel darauf, wenn ihre Leistungsfähigkeit in Zweifel gezogen werde. »Und wenn der Cortisol-Motor auf Hochtouren läuft, ist es gar nicht so einfach möglich, den Mund zu halten«, sagte Schmitz-Schretzmair gestern dieser Zeitung. Er betreibt in Bergisch Gladbach eine Praxis für Paartherapie.
Frauen bringe Kritik an ihrem Äußeren leicht auf die Palme. Statt Streitpunkte runterzuschlucken, sollten Paare vorher verbindliche Regeln für den Umgang miteinander aufstellen. Der Experte rät dazu, Du-Botschaften zu vermeiden und Ich-Aussagen vorzuziehen. Beispiel: Statt »Du drückst dich immer wieder davor, den Müll runterzubringen« sei »Ich habe das Gefühl, bei Aufgaben im Haushalt im Stich gelassen zu werden« besser. »Wenn ich einen Satz mit ÝDuÜ beginne, fühlt sich der Adressat sofort angegriffen«, erklärte Schmitz-Schretzmair. Darüber hinaus könne eine Höchstdauer für einen Streit festgelegt werden, um eine Eskalation zu verhindern. Wenn der Wecker nach 20 Minuten klingelt, ist dann erst einmal Schluss.
Wer ganz auf Streit verzichte, entwickle eine Partnerschaft nicht weiter, warnte Schmitz-Schretzmair: »Das ständige Ausbalancieren von Nähe und Distanz stellt das Grundprinzip einer Beziehung dar.«

Artikel vom 28.03.2007