28.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Katastrophen-Debatte oder katastrophale Verwirrung?

Die Zahl der Starkstürme seit 1550 ist nicht gestiegen, sondern gefallen

Von Rolf Dressler
Bielefeld (WB). Eine Menge Fragen drängen sich auf. Denn die hoch wogende Klimakatastrophen-Debatte steckt voller Sonderbarkeiten und Ungereimtheiten. Selbst unter dem Tarngewand angeblich strenger Fachlichkeit wird das naturwissenschaftlich minder gebildete Bürgerpublikum irregeführt und verunsichert.

Dennoch stimmt die Politik aktionistisch in diesen Chor mit ein und nimmt für bare Münze, was Klima-Modellrechner apokalyptisch an die Wand malen.
Warum aber bleiben offensichtliche Falschbehauptungen weithin unwidersprochen wie zum Beispiel jene, wonach Starkstürme wie auch Sturmfluten in Deutschland und Europa fortwährend zunehmen?
Diese These wurde Mitte Januar 2007 erneut durchgängig verbreitet. Nur: Sie stimmt nicht, das Gegenteil vielmehr ist richtig. Denn in Wahrheit liegt die Zahl der Stürme und Orkane in unseren Breiten wettergeschichtlich gesehen sogar außergewöhnlich niedrig. Während die Chronisten beispielsweise um 1550 pro Jahr durchschnittlich 40 Orkane verzeichnet hatten, waren es im 18. Jahrhundert lediglich noch 20. Und im 19. und 20. Jahrhundert pendelte sich ihre Zahl zwischen 10 und 20 jährlich ein.
Das belegen übereinstimmend die sorgfältigen statistischen Aufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes und der Hamburger Bundesanstalt für Seeschiffahrt und Hydrographie.
Dort widerspricht man ausdrücklich der Behauptung, dass unter anderem auch das Elbe-Hochwasser von 2002 bereits ein sicheres Anzeichen für einen her- annahenden, folgenschweren Klima-Umbruch, ja, womöglich für eine Welt-Klimatastrophe sei. Denn selbst solche extremen Wetterereignisse deuteten keineswegs zwingend auf »außergewöhnliche Sondertrends« hin. Sie gehörten vielmehr »zum normalen Repertoire unserer hiesigen Klima- und Wetterzonen«, stellt dementsprechend auch die Wetterforscherin Dr. Lucia Kins in einer umfassenden Untersuchung fest, die in der »Naturwissenschaftlichen Rundschau«, Ausgabe 3/2006, Seite 129 ff. veröffentlicht worden ist.
Danach gab es zwischenzeitlich zwar im Bereich des Nordatlantiks unter anderem schon von 1950 bis 1969 eine Phase mit überdurchschnittlich vielen Hurrikanen, danach jedoch wurden zwischen 1970 und 1995 nur ausgesprochen wenige solcher Extremstürme gezählt.
Das Jahr 2006 mit eingerechnet geht die Zahl speziell der Sturmfluten an der deutschen Nordseeküste seit Jahrzehnten sogar deutlich zurück. Diese Entwicklung hält beständig an, nachdem an den hiesigen Küsten lediglich in den 1940er Jahren vorübergehend eine Zunahme verzeichnet worden war.
Mindestens 13 bis 16 besonders kräftige »Sturmsysteme« vor al- lem über dem Atlantik und an dessen Uferzonen hatten Klimatologen nach den »Jahrhundertstürmen« Katrina, Rita und Wilma im Sturm-Katastrophenjahr 2005 vorhergesagt. Tatsächlich entwickelten sich bis zum offiziellen Abschluss der »Hurrikan-Saison« am 30. November 2006 jedoch nur neun solcher Starkstürme der Kategorie 3 mit mindestens 120 Kilometer Windstärke und Spitzenwerten von 178 - also zwei weniger als im Langzeitdurchschnitt.
Zumindest zweifelhaft ist mithin auch die immer wiederkehrende Behauptung, »der Klimawandel« verursache eine unaufhörlich wachsende Häufung von Orkanen. Selbst der UN-Klimarat hält sich beim Thema Windklima auffallend bedeckt.
Der Grund dafür liegt nahe: Wenn die eigenen Klima-Modellprognosen stimmen, würden die Westwinde sich eher abschwächen, und damit nähme die Wahrscheinlichkeit schwerer Stürme auf der Erde sogar ab.
Wie also kommen solche Falschbehauptungen zustande, wer hat ein Interesse daran, und weshalb macht die herrschende Politik sie sich so bereitwillig zu eigen?
In der nächsten Folge:
Das Verwirrspiel mit der Bezugsgröße »Beginn der Wetteraufzeichnungen«. Dazu aufschlussreiche Einblicke in das Wettergeschehen früherer Jahrhunderte in Deutschland. Die Wetterextreme von damals übertrafen oft erheblich diejenigen unserer Tage.

Artikel vom 28.03.2007