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»Südländisches Flair« besser als ein Leerstand

Sondernutzung am Gehweg in der Ziegelstraße - 800 Euro Bußgeld verhängt

Bielefeld (uko). Will ein Kaufmann außerhalb seines Geschäfts Auslagen aufstellen, so braucht er dazu eine Genehmigung. Wer diese amtliche Zustimmung der Kommune nicht hat, verstößt - wie ein türkischer Kaufmann - gegen das Straßen- und Wegegesetz Nordrhein-Westfalen und muss ein Bußgeld zahlen.

800 Euro Bußgeld sollte Kaufmann Memet C. (35, Name geändert) für drei Verstöße zahlen, weil Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamtes vor seinem Laden an der Ziegelstraße im Vorbeifahren jeweils Gemüsekästen entdeckt hatten. Die Kommune reklamierte daraufhin eine Sondernutzung der Gehwegfläche, und die sei nicht erlaubt. Immerhin habe Mehmet C. keine Sondernutzung beantragt.
Der Kaufmann legte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein und begründete zunächst seine ramponierte wirtschaftliche Situation im Jahr 2006 mit einem gegen ihn gelaufenen Strafverfahren, aus dem er - so sein Rechtsanwalt - »voll rehabilitiert« hervorgegangen sei. Eckhard Krämer, Richter am Amtsgericht Bielefeld, wertete den Ausgang dieses Verfahrens gänzlich anders: »Das war nicht erfreulich für Ihren Mandanten«, sagte Krämer, »daher sollten wir das Verfahren inhaltlich lieber außen vor lassen.«
Der Vertreter des Ordnungsamtes unterstellte dem Kaufmann zudem völlige Uneinsichtigkeit, denn der Türke habe eine Sondernutzung für eine Fläche von einem Quadratmeter gehabt, dieses Areal jedoch immer wieder ohne rechtliche Grundlage ausgedehnt. Danach habe die Stadt bisher schon zwei Bußgelder in Höhe von 350 und 500 Euro verhängt, die auch jeweils bezahlt worden seien.
Im Herbst 2006 habe Mehmet C. keine Sondernutzung gehabt, indes am 28. und 31. Oktober sowie am 25. November sein Gemüse auf dem Trottoir präsentiert. Somit sei das neuerliche Bußgeld in Höhe von 800 Euro gerechtfertigt. - Krämer versuchte nun zwischen den Parteien den »Moderator« zu spielen, denn »wir müssen die Kuh vom Eis kriegen«. Ein Quadratmeter Fläche reiche »kaum für drei zypriotische Wassermelonen«, rechnete der Richter launig vor. Und ein wenig »südländisches Flair« dort sei »besser als ein Leerstand«.
Merke: »Die Straße ist kein Ausbund städtebaulicher Planungsschönheit.«
Eckhard Krämer reduzierte das Bußgeld mit seinem Urteil auf einen verträglichen Gesamtbetrag von 500 Euro (150, 150 und 200 Euro), der Vertreter des Ordnungsamtes will den Türken zudem dabei unterstützen, eine neue Sondernutzung zu erlangen.

Artikel vom 27.03.2007