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Klage: Studenten fallen durch

Verwaltungsgericht Minden hält NRW-Studiengebühr für rechtens

Von Christian Althoff
Paderborn (WB). Die Studiengebühr in Nordrhein-Westfalen ist rechtens. Das hat das Verwaltungsgericht Minden gestern in einem Musterverfahren entschieden. Im landesweit ersten Prozess wies die 9. Kammer die Klage des Allgemeinen Studierenden-Ausschusses (Asta) der Universität Paderborn ab.

»Eine Fehlentscheidung!«, kommentierte Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler den Richterspruch und kündigte an, nun beim Oberverwaltungsgericht Münster in die Berufung zu gehen.
NRW hatte im vergangenen Jahr die Voraussetzungen geschaffen, dass die 33 staatlichen und öffentlich-rechtlichen Hochschulen (14 Universitäten, zwölf Fachhochschulen und sieben Kunsthochschulen) von den 430 000 Studierenden Gebühren bis 500 Euro pro Semester erheben dürfen. Nur die Kunstakademie Düsseldorf und die Fernuni Hagen lehnen die Gebühr ab. Den mit 275 Euro geringsten Semesterbeitrag verlangt die Uni Münster.
Die Universität Paderborn (14 000 Studierende) hatte zum Wintersemester 2006/2007 eine Gebühr von 500 Euro eingeführt. Dagegen setzte sich eine Studentin zur Wehr, für die der Asta im Dezember Klage eingereicht hatte. Der vom Asta beauftrage Verwaltungsrechtsexperte Wilhelm Achelpöhler berief sich gestern vor allem auf den 1976 von der Bundesrepublik ratifizierten UN-Sozialpakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Darin heißt es sinngemäß, dass Hochschulunterricht durch allmählichen Abbau von Unterrichtsgebühren jedermann zugänglich gemacht werden soll. Achelpöhler sagte, NRW verstoße mit seinen Studiengebühren insofern gegen Bundesrecht. Dagegen meinte Dr. Joachim Goebel als Vertreter des NRW-Wissenschaftsministeriums, der UN-Pakt verbiete Gebühren nicht ausdrücklich.
Das Gericht unter Vorsitz von Richter Ulrich Osthoff wies nach längerer Beratung die Klage des Asta ab. Die Kammer vertritt die Ansicht, dass der Text des UN-Pakts nicht wörtlich genommen werden dürfe, sondern dass es nur auf den Sinn ankomme: »Die Absicht des UN-Sozialpakts ist doch, dass jeder studieren kann - unabhängig von seinen finanziellen Möglichkeiten. Und das ist in Nordrhein-Westfalen der Fall«, sagte der Vorsitzende Richter. Zum einen gebe es eine Härtefallregelung, die zur Befreiung von der Studiengebühr führen könne. Zum anderen sei die NRW-Bank zur Vergabe von Studiengebühr-Darlehn verpflichtet, und die höchste rückzahlbare Summe betrage 10 000 Euro - einschließlich eventuell zurückzahlbarer Bafög-Leistungen. »Das heißt: Wer nach seinem Studium ein Bafög-Darlehn in Höhe von 10 000 Euro zurückerstatten muss, braucht den Kredit für die Studiengebühr überhaupt nicht zurückzuzahlen«, erklärte Ulrich Osthoff.
Informatik-Student Jakob Wiesor (28), der stellvertretende Vorsitzende des Asta Paderborn, war von dem Spruch der Kammer enttäuscht. Anwalt Achelpöhler sagte, es sei nicht nachzuvollziehen, dass der Wortlaut eines Gesetzes plötzlich nichts mehr gelte: »Wenn da drin steht, dass die Studiengebühren abgeschafft werden müssen, dann können wir sie doch nicht einführen!«
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls hat das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen. Az.: 9 K  3614/06

Artikel vom 27.03.2007