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Wo die Spuren geblieben sind

Dirk Sager machte sich auf die weite Reise von Berlin nach Saigon

ZDF, 20.15 Uhr: Über China fegte gerade ein Sandsturm. Am Aralsee, der zu Kasachstan und Usbekistan war es so kalt, dass Dirk Sager mit seinem steif gefrorenen Arm ein Glas Wodka nicht zum Mund bewegen konnte. Und doch war es »eine glückliche Reise«, die der einstige Leiter des ZDF-Studios Moskau im vergangenen Jahr vom Januar bis Mai unternahm.
Der Weg nahm seinen Anfang im tiefen russischen Winter. Die Waggons, in denen Dirk Sager und das ZDF-Team bis zur chinesischen Grenze reiste, stammten alle aus Fabriken in Görlitz oder Halle. Foto: ZDF

Das Resultat ist von heute an in vier Folgen im wöchentlichen Abstand zu sehen: »Berlin - Saigon«. Ein Wagnis, meint dazu ZDF-Redakteur Steffen Bayer, gleich vier Teile zu zeigen, »aber die Filme selbst rechtfertigen das wohl.« Dabei hatte der 66-jährige Sager dieses Angebot der »längsten Eisenbahnreise der Welt« zunächst gar nicht annehmen wollen.
»Ich habe schließlich nicht den Ergeiz, ins Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen zu werden«, sagt er heute mit einem Schmunzeln. Und: »Ich hasse jeden Dilettantismus. Und von der Route kenne ich nur den russischen Teil gut, wäre darüber hinaus ebenso ein Laie gewesen wie jeder andere.«
Aber dann tat sich ihm ein wenigstens interessanter Aspekt auf: »Die Route führte durch die Einflussbereiche der drei schlimmsten Diktatoren des vergangenen Jahrhunderts, Hitler, Stalin und Mao. Wie werden die Menschen heute mit deren blutigen Erbe fertig? Wo sind Spuren geblieben, wie sind sie vernarbt?« Dennoch wurde es ein mehr fröhliches als düsteres Unternehmen, voller Bilder, die im Gedächtnis haften bleiben, bei den Zuschauern ebenso wie bei Sager selbst.
So ging es denn los, nicht von Lissabon aus wie ursprünglich geplant, sondern von Berlin mit Warschau als erster Station, dem »Paris des Ostens«, hin zur Wolga und nach Kasachstan, insgesamt 16 000 Kilometer, im vierköpfigen Team, das erst in China auf gewisse Schwierigkeiten stieß: »Dort hieß es schon mal: Im Zug darf nicht gefilmt werden, und hinauf auf die Lokomotive geht schon gar nicht.«
Umso freundlicher öffnete sich dann das heutige Vietnam, schwärmerisch von Sager als »Frühlingszauber« beschworen. In Erinnerung an die 60er Jahre sagt er: »Damals habe ich zu denen gehört, die gegen die Amerikaner und den Krieg in Vietnam demonstrierten, ohne dass wir von diesem Land viel Ahnung hatten.
Seine Reise lässt sich noch einmal zwischen Buchdeckeln nachvollziehen: Im Rowohlt Verlag erschien der Begleitband, 272 Seiten stark mit vielen Farbfotos.

Artikel vom 27.03.2007