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Ungeeigneter Versuch
der Einflussnahme

Deutsches Bildungssystem im Visier der UNO

Vernor Muñoz: erst in Botswana, dann in Deutschland.
Zu dem Beitrag »Schulsystem erneut in der Kritik«:
Im Februar 2006 unternahm der Sonderberichterstatter der UN-Menschenrechtskommission, Vernor Muñoz aus Costa Rica, eine Inspektionsreise durch Deutschland, nachdem er zuvor die Bildungssysteme in Indonesien und Botswana in Augenschein genommen hatte. Nun wurde nach einem Jahr Bericht erstattet. Muñoz hatte sich schon während seines damaligen Aufenthalts kritisch zum deutschen Bildungssystem geäußert. Sein jetziger Bericht wurde mit vier Wochen Vorlauf angekündigt; und so wurde zu ein und derselben Angelegenheit dreimal Medienwirksamkeit erzielt.
Unter den knapp 200 souveränen Staaten kann ich mir etwa 180 vorstellen, wo ein solcher Besuch in einer Reihe mit Botswana und Indonesien dringlicher als bei uns wäre. Warum gerade wir ausgeguckt wurden, erschließt sich möglicherweise aus folgendem Umstand:
Deutschland hat zwar die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert, ist ihr aber wegen gewisser Vorbehalte in Sachen »Status von illegal sich im Land aufhaltenden älteren Jugendlichen« noch nicht endgültig beigetreten. Mit der Aktion sollte wohl politischer Druck ausgeübt werden. Muñoz ist vielleicht Menschenrechtsexperte, aber nicht Bildungsexperte. Seine Kritik am deutschen Bildungssystem ist entsprechend plakativ und oberflächlich. Seine Aussagen hat er weniger durch eigene Studien als durch Übernahme der Überzeugungen einseitig ausgewählter bildungspolitischer Gruppierungen in Deutschland gewonnen.
Er räumt selbst ein, dass weitere Forschungen nötig seien, die außerdem keineswegs zwangsläufig zur Aufgabe des gegliederten Schulsystems führen müssten. Er fordert die Bundesregierung zu solchen Forschungen auf.
Nun ist das mit dem wissenschaftlichen Studium von Bildungssystemen nicht einfach. Sogar ein Riesenunternehmen wie PISA hat hier keine belastbaren Erkenntnisse erbracht (auch wenn immer wieder Berufene und Unberufene suggerieren, ihre bildungspolitischen Glaubenssätze seien durch PISA belegt).
Selbstverständlich gibt es an der deutschen Schule viele Dinge zu verbessern. Die oberflächliche Kritik von Muñoz ist da aber wenig hilfreich. Man sollte seinen Auftritt als das abhaken, was er war: ein ungeeigneter Versuch der Einflussnahme von außen.
PROF. DR. PETER BENDERUniversität Paderborn33098 Paderborn

Artikel vom 12.04.2007