06.04.2007
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Meistens bilden Grünanlagen nur den Rahmen für ein Schloss, in Veitshöchheim ist es anders. Schon beim Durchschreiten der Pforte wird der Blick vom barocken Gebäude abgelenkt. Schnurgerade Wege schaffen eindrucksvolle Sichtachsen, in Form geschnittene Hecken und symmetrisch angeordnete Zierbeete machen auf Anhieb klar: Hier wurde Gartenbau zum Kunstwerk erhoben.
In die penibel gestaltete Natur eingebettet finden sich denn auch etwa 200 Sandsteinskulpturen. Kaum hat sich das Auge auf diesen klassisch angehauchten visuellen Festschmaus eingestellt, wird es allerdings von purer Exotik verwirrt. Tiere und Fabelwesen aus Muscheln modelliert sorgen für asiatisch anmutende Impressionen. Beinahe wähnt man sich in China, erblickt man die aus Höhlen hervorlugenden Drachen. Der Strenge und Klarheit des Gartens haben sie allerdings nichts an, auch wenn gerade diese Charakteristik bei der Sanierung der Anlage im Vordergrund stand.
Die Arbeiten waren notwendig geworden, weil in den zurückliegenden Generationen eben jene Strenge nicht sonderlich geschätzt wurde. Sie entsprach nicht mehr dem Geschmack des 19. Jahrhunderts, also pflanzte man Platanen und Trauerweiden und ließ die Formgehölze in die Höhe wachsen. Das Erbstück aus dem 18. Jahrhundert drohte zu verwildern. 3,4 Millionen Euro musste der Freistaat Bayern investieren, um die Anlage zu sanieren.
Der im Zweiten Weltkrieg durch Bombentreffer zerstörte Lindensaalpavillon oder die Kaskade wurden jedoch nicht wieder aufgebaut. Spaziergänger denken zuweilen an künstliche römisch anmutende Ruinen wie im Schlosspark von Sanssouci (Potsdam), werden sie der Säulenreste angesichtig.
Zum Hofgarten Veitshöchheim gibt es auch ein neues Buch. Das Begleitheft zur Ausstellung mit dem Titel »Es kommen immer Leit aus Würzburg und Frembde hierher...« von Jost Albert und Gabriele Ehrberger schildert auf mehr als 80 Seiten die Geschichte des berühmten Rokokogartens. Das reich bebilderte Werk im handlichen Format ist in den Museumsläden der Schlösserverwaltung und im Buchhandel erhältlich.
Ein Kapitel zur Gartengestaltung des 18. Jahrhunderts verdeutlicht, dass der Rokokogarten Veitshöchheim sowohl Zier- als auch Nutzgarten war. Sogar exotische Nutzpflanzen wie die Ananas wurden hier bis ins frühe 19. Jahrhundert hinein kultiviert. Weitere Kapitel beleuchten die Wasserversorgung, den Skulpturenschmuck oder die Pflege und Nutzung des Gartens.
Wer ihn durchschritten, die Teiche umrundet und in die von hohen Hecken umrandeten Einzelbeete hineingeschaut hat, geht dann meistens doch noch ins Schloss. In vier Räumen informieren großformatige Ausstellungstafeln mit historischen Abbildungen und anschaulichen Modellen über den berühmten Rokokogarten. Für junge Ausstellungsbesucher wurde ein Audioguide entwickelt. Vier historische Persönlichkeiten erzählen interessante Details zur Entstehung.
Das 1680 - 1682 erbaute Sommerschloss der Würzburger Fürstbischöfe war unter Fürstbischof Carl von Greiffenclau zu einer vollwertigen Sommerresidenz erweitert worden. Den Auftrag dazu gab er 1753 an Baumeister Balthasar Neumann. Nach der Säkularisation und dem Auszug des letzten Fürstbischofs richtete sich schließlich Großherzog Ferdinand von Toskana im Jahr 1804 mit neuen Möbeln im Schloss wohnlich ein. Thomas Albertsen
ISBN 3-932982-72-X
Artikel vom 06.04.2007