26.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Auf Zehenspitzen galoppieren

Das Tecchler-Trio bezauberte

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Besser ein gut gefüllter kleiner Saal als ein spärlich besetzter großer. Und so war es die richtige Entscheidung von Konzertveranstalter Tobias Müller, das Konzert des Tecchler-Trios in der Oetkerhalle kurzfristig zu verlegen.

Der Name des Trios geht zurück auf das Instrument des Cellisten Maximilian Hornung, welches vom italienischen Geigenbauer David Tecchler im Jahre 1705 gebaut wurde. Hornung entlockt ihm in schier unendlichen Schattierungen einen einschmeichelnd runden und samtig-sonoren Klang, der schon für sich allein eine kleine Sensation darstellt. Im kongenialen Zusammenspiel mit Esther Hoppe (Violine) und Benjamin Engeli (Klavier) nehmen -Êwie schon vor drei Jahren in der Süsterkirche -Êdie drei jungen Musiker vom ersten Ton an gefangen. Denn ihre Ausdrucksintensität und ihr Bewegungsanimato im Spiel suchen ihresgleichen.
So entzückte schon das Entree mit Ludwig van Beethovens zehn Variationen über »Ich bin der Schneider Kakadu«, jene raffinierte und komplexe Ausarbeitung über einen banalen Gassenhauer, den im 19. Jahrhundert jeder mitpfeifen konnte. Das Tecchler-Trio widmete sich diesem zwischen Banalität und Kunstanspruch changierenden Werk mit einer Haltung, die die Ideenfülle wunderbar klar zum Ausdruck brachte. Ganz egal ob dramatisch, keck oder gut gelaunt dahinstürmend, das Trio gewichtete jeden Ton einzeln und baut ihn betont in eine klar geführte Linie von Tönen ein. Dass man sich dabei abwechselnd die musikalischen Ideenbälle zuwarf, erfolgte so selbstverständlich, dass man es kam noch wahrnahm.
Noch deutlicher wird dieser perfekt aufeinander eingehende und sich wechselseitig befeuernde Musizierstil bei Felix Mendelssohn Bartholdy. Dessen Klaviertrio d-Moll zielt nicht primär auf vollkommene Gleichbehandlung der Instrumente ab. Vielmehr ist das Klavier den Streichinstrumenten gegenübergestellt.
Bewegt und energetisch aufgeladen erstürmten die drei Musiker den Kopfsatz. Vibrato und Tremoli erzeugten eine ungeahnte Erregtheit, die, abgesehen vom Andante, auch in den folgenden Sätzen erhalten blieb und gefangen nahm. Der pointiert abgefederte Klavierpart begeisterte dabei ebenso wie das elektrisierende Vibrato der Streicher.
Nicht weniger aufregend und leidenschaftlich aufgeheizt servierten die drei Musiker nach der Pause Johannes Brahms' Trio Nr. 1 H-Dur (2. Fassung). Wer kann schon auf Zehenspitzen galoppieren wie es das Trio im Scherzo tat?! -Êum nur ein Beispiel dieses Füllhorns an interpretatorisch-spieltechnischen Einfällen zu nennen, mit denen das Ensemble sein Publikum in Atem hielt.
Zwei Zugaben zum »Runterkommen« gab's von Glinka und dem zeitgenössischen Schweizer Komponisten Helmut Schenk.

Artikel vom 26.03.2007