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Hans Apel, Politiker
und bekennder Christ

»Viele Kirchenführer gleichen eher Wetterfahnen: Sie zeigen an, woher der Wind weht.«

Leitartikel
Kampf um Bielefelder Kirche

Google, Luther, Paul Gerhardt


Von Rolf Dressler
Im Zeitalter multikutureller Verheißungen gewöhnt sich das trotz allem noch immer christliche Abendland an vieles. Also findet es sich zunehmend auch damit ab, dass Kirchen geschlossen, verkauft, umgewidmet und (sogar gottesferner) weltlicher Nutzung zugeführt werden. Da stört es dann nicht einmal mehr, dass oft in unmittelbarer Nachbarschaft und wie selbstverständlich islamische Moscheen und Gemeindezentren buchstäblich wie Pilze aus dem Boden wachsen.
Allein in Westfalen haben binnen nur 15 Jahren 20 evangelische Gotteshäuser und 45 Predigtstätten ihre Pforten für immer schließen müssen. Gewiss, die Institution Kirche ist, wenn's hart auf hart kommt, zu Teilen durchaus auch ein Wirtschaftsunternehmen. Im schmerzlichsten Fall kann es unausweichlich werden, ein im Unterhalt zu teures Gotteshaus wegzugeben oder gar abzureißen.
Der allerletzte Ernstfall, der Abriss, dürfte der Paul-Gerhardt-Kirche an der Detmolder Straße in Bielefeld wahrscheinlich zwar erspart bleiben. Vorausgesetzt, die Jüdische Gemeinde erwirbt das Anwesen und nutzt es künftighin als Synagoge, worauf beide Verhandlungspartner nach eigenem Bekunden konstruktiv zusteuern wollen. Doch es will schon etwas heißen, dass Gemeindemitglieder »ihr« Gotteshaus, ihren geistlichen Mittelpunkt in diesem in Deutschland bislang wohl einzigartigen Fall sogar leibhaftig besetzen.
All dies steigert sich in Bielefeld wie auch an anderen Orts-Krisenpunkten eher noch, wenn Kir- chenobere - wie gestern auch Bielefelds Supertintendentin Regine Burg - beinahe im Stile von Politikern erst ziemlich spät bekennen, dass man betroffene Kirchengemeinden schon viel früher über prekäre Finanzlagen hätte ins Bild setzen müssen. Aber in einem solchen, außergewöhnlich massiven Protest spiegelt sich mehr wider als »nur« Gefühlsaufwallung in einer Mischung von Erbitterung, Wut und Ohmacht.
- Weshalb denn bleiben immer mehr Menschen den Gottesdien- sten fern?
- Lässt gerade die so bemüht zeitgeistfixierte Evangelische Kirche der Politik nicht schon viel zu lange fast jeden abwegigen Wildwuchs durchgehen, selbst wenn er offenkundig in Sackgassen führt?
- Kurzum, muss eine Kirche, die vorwiegend nur noch als flaues Abbild einer zerfasernden, profilarmen Gesellschaft wahrgenommen wird, nicht zu einer »Volkskirche ohne Volk« verkümmern?
Diese leider begründete Befürchtung hegt der Sozialdemokrat und bekennende evangelische Christ Hans Apel in seinem gleichnamigen Buch (2003 erschienen im Herder Verlag).
Gute Inhalte allein reichten heutzutage nicht mehr aus, hieß es hingegen kürzlich beim Zukunftskongress der EKD in der Lutherstadt Wittenberg. Auch die moderne Kirche müsse sich als »Medienmarke« plazieren. Jede Menge Strategien dafür liefere die Suchmaschinen-Branche...
Google, Luther, Paul Gerhardt - wird das die bessere Kirchen-Welt?

Artikel vom 26.03.2007