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Das Ziel EM-Titel: Deutschland
nähert sich der Favoritenrolle

Im Gruppen-Gipfel spielt die Nationalmannschaft Tschechien an die Wand

Prag (dpa). Nach der imponierenden Demonstration der neuen Stärke folgte prompt die Kampfansage an die europäische Elite. Das hochverdiente 2:1 von Prag im Gruppen-Gipfel gegen Tschechien hat in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft neue Begehrlichkeiten geweckt. Mit vereinten Kräften: Bastian Schweinsteiger behakt Jan Koller, Christoph Metzelder sichert ab.Glücklich in Prag: Bundestrainer Joachim Löw.
Nach dem Reifezeugnis von Prag gehen Michael Ballack und Co das große Ziel »EM-Titel 2008« mit neuen Selbstverständnis an. »Wir wollen uns jetzt natürlich so schnell wie möglich für die Europameisterschaft qualifizieren und dann so ins Turnier gehen, dass man sagt, die Deutschen sind Mitfavorit«, erklärte Kapitän Ballack nach dem viertem Sieg im fünften Ausscheidungsspiel und der mit 13 Punkten behaupteten Tabellenführung in Gruppe D.
Auch der »Macher« des anhaltenden Aufschwungs, Joachim Löw, arbeitet schon längst nicht mehr nur am Gruppensieg, sondern am ganz großen Coup bei der EM-Endrunde in der Schweiz und Österreich. »Wir wollen die Sieger-Mentalität sehen, wir brauchen Führungsstärke in der Mannschaft«, sagte der Bundestrainer. Das gilt auch für das folgende Testspiel am Mittwoch gegen Dänemark (20 Uhr/ZDF), obwohl Löw für Duisburg seinen halben Kader auswechselt. Ballack, Torsten Frings, Bernd Schneider, Jens Lehmann, Phillip Lahm, Bastian Schweinsteiger, Lukas Podolski und Per Mertesacker, durften gestern nach Hause. Bis auf Lehmann sind diese Spieler mit ihren Klubs noch international beschäftigt. Offen ist noch, ob auch Christoph Metzelder pausieren wird.
Dafür bekommen Stefan Kießling, Gonzalo Castro, Roberto Hilbert, Clemes Fritz, Christian Schulz, Alexander Madlung und Paul Freier ihre Chance. Zudem nominierte Löw Simon Rolfes (Leverkusen) und Patrick Helmes (Köln) nach. Die Ersatzkandidaten dürfen sich schon heute beim öffentlichen Training im Duisburger Stadion feiern lassen.
In beeindruckender Weise hatte der WM-Dritte im Stadion von Sparta Prag den Gastgeber glatt »an die Wand gespielt«, wie Tschechen-Trainer Karel Brückner einräumte. »Auf so einen starken Gegner sind wir lange nicht mehr getroffen.«
Der spielsichere und attraktive Auftritt »hat das Auswärtsspiel in der Slowakei getoppt«, bemerkte Teammanager Oliver Bierhoff im Vergleich zum 4:1 in Bratislava. »Wenn es überhaupt was zu bemängeln gibt: Wir hätten früher das 3:0 erzielen müssen«, sagte Löw. So wurde es nach dem Anschlusstor von Milan Baros (76.) nochmals spannend.
Dass ausgerechnet Kevin Kuranyi, der den gesperrten WM-Torschützenkönig Miroslav Klose nahezu perfekt ersetzte, mit seinem dritten Nationalmannschafts-Doppelpack (42./62.) zum Gewinner des Spiels wurde, passt ins Entwicklungsbild. Vor einem Jahr lag der Schalker noch am Boden, wurde vom damaligen Bundestrainer Jürgen Klinsmann für die WM aussortiert -Ê jetzt eröffnen sich für ihn wieder neue Perspektiven.
Das gilt auch für das gesamte Team. »Nie hat eine deutsche Nationalmannschaft so organisiert und modern gespielt. Wir haben einen Stil entwickelt, schnell und flach nach vorne zu spielen. Das ist in Fleisch und Blut übergegangen«, schwärmte Metzelder, der wesentlich dazu beitrug, dass mit Jan Koller die schärfste Waffe der Tschechen aus dem Spiel genommen war. »Wir haben ihnen einfach die Stärke genommen, indem wir Koller, Rosicky und Baros gut im Griff hatten«, lobte Löw.
»Es ist ein Trend zu erkennen, und an dem hat Joachim Löw großen Anteil«, unterstrich Ballack die Rolle des Trainers, der klare Vorgaben macht. »Wichtig ist, dass die Mannschaft defensiv gut organisiert ist und klare Aufgaben hat. Und dass man nach vorn flexibel ist. Wir haben die letzten Monate immer wieder am schnellen Umschalten gearbeitet, möglichst mit vier, fünf Spielern in die Spitze zu gehen und zum Abschluss zu kommen«, sagte Löw.
Die vorläufige Krönung war die Partie in Prag, auch wenn der Bundestrainer meinte: »Das perfekte Spiel gibt es nicht. Man kann nur versuchen, möglichst nahe heran zu kommen, um dieses Niveau dann zu halten.« Gegen Tschechien war das DFB-Team schon ziemlich dicht dran.

Artikel vom 26.03.2007