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Frankfurter Rundschau

»Die Deutschen sorgen sich mächtig ums Klima, fahren Auto wie die Weltmeister und wollen reisen, reisen, reisen in
alle Erdenwinkel.«

Leitartikel
Frühling und Gewissenschoner

Natur ist mehr als nur »Ressource«


Von Rolf Dressler
Ziemlich untypisch hat er sich verabschiedet, der mitteleuropäische Nicht-Winter 2006/2007. Das kurze Schnee- und Kälte-Intermezzo konnte aber auch nicht mehr sonderlich beeindrucken. Denn an diesem Wochenende lässt der Lenz uns grüßen und Herzen höher schlagen.
Zu poesievolle Töne? Zu milde Worte in Zeiten, in denen man sich gern frisch, frank und forsch gibt und volldröhnend die Klimakatastrophen-Fanfaren bläst?
Dass der Mensch Natur und Umwelt pfleglich und schonend behandeln muss, versteht sich von selbst. Ihnen allein verdankt er seine Existenz, und das sollte daher oberste Richtschnur sein - an sonnigen wie an trüben Tagen.
Nur, wie halten wir es tatsächlich im ganz normalen Auf und Ab unseres wechselvollen Alltags-, Sonntags- oder Urlaubslebens? Über wieviel feines (Rest-)Gespür für die ungezählten kleinen und unfassbar großen Wunder der Schöpfung verfügt der ach so aufgeklärte Homo sapiens des 21. Jahrhunderts eigentlich noch?
Aufgeplustert und geschäftsmäßig wie Willi Wichtig mit der Nebelkerze redet er von »Ressourcen« und »Tiermaterial«, von Massenhaltung« und »Fleischproduktion«, von »Energie-Effizienz«, »Luftverschmutzungsrechten« oder »Landschaftsverbrauch«, um nicht genauer darüber Rechenschaft ablegen zu müssen, was er unter dem Ursprungsbegriff »Natur« konkret versteht.
Andererseits zieht es alljährlich mindestens die Hälfte der Menschheit unwiderstehlich gerade dorthin, wo man »Natur«, ob bewirtschaftet oder sogar überwiegend ursprünglich belassen, sehr wohl noch immer vorfindet. Vollends abenteuerlich aber wird es, wenn (wie soeben geschehen) die hohe Politik sich im selbstgeknüpften Netz der Volksverdummung verheddert:
- Vollmundig bekunden Deutschlands Länder-Umweltminister, der Ausstoß sogenannter Treibhausgase werde bis 2020 um 30 Prozent verringert.
- Buchstäblich zur selben Stunde aber brüsten sich die Verkehrsminister der Europäischen Union überschwenglich damit, dass sie schon in aller Kürze mit den US-Amerikanern ein Luftverkehrsabkommen schließen wollen, wie die Welt es noch nicht gekannt habe. Es soll, man meint zu träumen, die Flugpassagierzahlen schubartig in neue, fantastische Höhen treiben und die Flugpreise so kräftig ins Trudeln bringen, dass sie immer tiefer in den Keller rutschen!
Unsere bescheidene Laien-Frage: Wird die Welt-Klimakatastrophe je nach Horror-Propaganda-Bedarf abgeblasen und wieder hervorgeholt? Das allerdings wäre dann nur noch ein gewissenloses Herumhantieren mit »gewissenschonenden Handlungsalternativen«, worüber unlängst ein WDR-Kabarettist trefflich witzelte.
Auf gut deutsch: unverantwortliche Angstmacherei von Ideologen, die ihre Unheilssüppchen kochen.
Genießen wir den Frühling, die Natur, kurzum, die schöne Welt.

Artikel vom 24.03.2007