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Verdacht auf NS-Verbrechen nicht bestätigt

100 Tote entdeckt: LKA schließt Ermittlungen nach Skelettfunden im Sauerland ab

Menden (dpa). Nach dem Fund von mehr als 100 Skeletten aus dem Zweiten Weltkrieg im sauerländischen Menden hat sich der Verdacht auf NS-Verbrechen nicht bestätigt.

»Wir haben im Laufe unserer umfangreichen Ermittlungen keine Hinweise auf Tötungen von Kindern und Erwachsenen in dem Ausweichkrankenhaus in Wimbern gefunden«, sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Maaß am Freitag in Düsseldorf. Die Kinder und Erwachsenen seien fast ausschließlich an Krankheiten gestorben. Zunächst war vermutet worden, dass die Toten den Euthanasie-Verbrechen der Nazis zum Opfer gefallen sein könnten.
Der Schock war groß, als die ersten Leichen im vergangenen Herbst bei gezielten Grabungen auf dem katholischen Friedhof in Menden-Barge entdeckt wurden. Zuvor hatten sich Gerüchte von Nazi-Morden verdichtet. Eine Zeugin, die gegen Ende des Zweiten Weltkrieges in der Klinik gearbeitet hatte, wollte gesehen haben, dass die Patienten dort »wie die Fliegen« starben. Misstrauisch machte die Einwohner auch, dass das Krankenhaus Wimbern damals als »Sonderanlage, Aktion Brandt« bezeichnet wurde. Mit dem Namen von Hitlers Leibarzt Karl Brandt ist die Fortsetzung des so genannten Euthanasie-Programms verbunden, bei dem die Nazis Kranke und Behinderte töteten.
Dies ist nach Erkenntnissen der Ermittler im Krankenhaus Wimbern jedoch nicht geschehen. Die dortige Todesrate von acht Prozent in den Jahren 1944/45 sei für damalige Verhältnisse sogar »ausgesprochen gering« gewesen, sagte Oberstaatsanwalt Maaß. In den vergangenen Monaten wertete die eigens eingerichtete Ermittlungsgruppe Landeskriminalamtes (LKA) stapelweise Unterlagen aus, ging in Archive, holte medizinische Gutachten ein, befragte Zeitzeugen und Angehörige der Toten. Ergebnis: Nichts habe den Verdacht auf eine Straftat bestätigt. Die einzige Zeugin, die zunächst das Gegenteil behauptet hatte, habe ihre Aussagen bei der Polizei nicht wiederholt. In dem Krankenhaus waren neben Kranken auch Bombenopfer aus dem Ruhrgebiet untergebracht. Die meisten Ärzte und Schwestern seien Mitglieder in Nazi-Organisationen gewesen, sagte der Leiter der LKA-Ermittlungsgruppe, Stefan Willms. Die Befragung von Familienangehörigen der gestorbenen Kinder habe aber ergeben, dass die kleinen Patienten gut gepflegt worden seien.

Artikel vom 24.03.2007