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Krankenkasse
bietet neue
Spartarife

Bis 600 Euro Bonus im Jahr

Von Reinhard Brockmann
und Sabrina Beck
Bielefeld (WB). Bis 600 Euro Jahresbonus für Gesunde: Gesetzliche Krankenversicherungen wollen ihren Mitgliedern Prämien zahlen, sofern sie weder Arznei auf Rezept benötigen noch ins Krankenhaus müssen.

»Wir nutzen die neuen Möglichkeiten der vom 1. April an geltenden Gesundheitsreform«, sagte gestern Hans Jürgen Ahrens, Chef des AOK-Bundesverbandes. Nach einer Umfrage dieser Zeitung unter großen Pflichtversicherern funktioniert der Selbstbehalttarif meist ähnlich wie bei der AOK: Das Mitglied wählt einen am jeweiligen Einkommen orientierten Tarif, nach dem es bei der AOK einen Jahresbonus von bis zu 600 Euro erhalten kann. Diese Prämie verringert sich, wenn das Mitglied im Laufe des Jahres vom Arzt ein Rezept verschrieben bekommt oder ins Krankenhaus muss. Für in Anspruch genommene Leistungen über die Höhe der Prämie hinaus muss das Mitglied bis zur Grenze des Selbstbehalts aufkommen - je nach Tarifklasse liegt das Zuzahlungsrisiko bei der AOK bei 50 bis 120 Euro im Jahr. Ein Arztbesuch, bei dem das Mitglied keine Verschreibung erhält, verringert den Bonus nicht. Auch Leistungen für mitversicherte Partner, Kinder und Jugendliche wirken sich nicht nachteilig aus.
Wer mindestens 3500 Euro im Monat brutto verdient, kann bei der AOK 600 Euro sparen. Das Selbstbehaltrisiko liegt in dieser Tarifstufe bei 120 Euro pro Jahr. Bei 2100 Euro Monatseinkommen beträgt die Ersparnis bis 200 Euro.
AOK-Chef Ahrens: »Arztbesuche ohne Rezept, Früherkennungsuntersuchungen und Leistungen rund um die Schwangerschaft werden nicht angerechnet.«
Der Haken: Der Selbstbehalttarif bindet das Mitglied für drei Jahre an seine Krankenkasse - selbst wenn die Beiträge steigen.
Auch andere Kassen planen solche Spar-Tarife. Bei der Techniker-Krankenkasse (TK) etwa soll der Selbstbehalt maximal 960 Euro bei 600 Euro Prämie betragen - das Finanzrisiko beträgt hier also 360 Euro. Eine Entscheidung über die Einführung dieses Tarifs zum 1. April will die TK heute fällen.
Auch bei der Barmer gibt es Pläne für insgesamt 18 unterschiedliche Wahlspartarife, die allerdings noch vom Bundesversicherungsamt geprüft werden müssen.
Experten raten Versicherten dazu, die erwarteten 250 neuen Tarife genau darauf zu prüfen, ob es sich um ein Lockangebot handelt oder um einen soliden Tarif, der langfristig eine günstige Versorgung sichert. Das empfiehlt der Bundesverband der Betriebskrankenkassen. Kai Vogel von der Verbraucherzentrale NRW rät, wegen der dreijährigen Bindung nicht sofort ins Bonussystem einzusteigen. Einige Kassen könnten im Sommer ihre Beiträge anheben. Noch gilt: Wer 18 Monatsbeiträge gezahlt hat, kann innerhalb von zwei Monaten kündigen. Gesundheitsökonom Jürgen Wasem befürchtet einen Tarif-Dschungel: »Was für die Regierung Vorteile hat, weil keiner mehr weiß, wie hoch der Kassenbeitrag wirklich ist.« Seite 4: Kommentar

Artikel vom 23.03.2007