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Von Michael Schläger

Bielefelder
Optik

Lesefutter


20 Millionen Euro für eine erneuerte Stadtbibliothek oder gar 23 Millionen für einen Neubau - das könne sich die Stadt nicht leisten, erklärte in dieser Woche Oberbürgermeister Eberhard David (CDU) kategorisch. Sein Vorschlag: 4,3 Millionen für eine »bestandserhaltende Sanierung.« Auch aus den Parteien gab es erste Signale, dass eine Investition im deutlich zweistelligen Millionenbereich nicht drin sei.
Das eine ist zu teuer, das andere wohl zu mager, um Bielefeld eine zukunftsträchtige Bibliothek zu bescheren. Die Anfang der Woche vorgelegte Machbarkeitsstudie zur Erneuerung der Zentralbibliothek hat wieder einmal ein Versäumnis vergangener Jahrzehnte offenbar gemacht. Ausbau und Erhalt der öffentlichen Bücherei wurden schlicht vernachlässigt.
Dabei nimmt die Stadtbibliothek einen wichtigen Kulturauftrag wahr. Sie ist längst nicht mehr nur etwas für Leseratten, die sich hinter angestaubten Buchregalen verschanzen. Vielmehr ist aus der Bibliothek ein multifunktionales Medienhaus geworden. Sie kann vor allem jungen Menschen helfen, sich im überbordenden Angebot von Büchern, CDs, DVDs, Internet und Computerspielen zu orientieren, einen Nutzwert aus dem Angebot zu ziehen und nicht billigen und machmal auch gefährlichen Schund zu konsumieren.
Doch fehlt es der Bibliothek offenbar an einer Lobby, wie sie das Theater hatte, als es um dessen überfällige Sanierung ging. Das Stiftungsmodell, das das Theater rettete, lasse sich nicht auf die Bibliothek übertragen, legte David dar. Aber ohne bürgerschaftliches Engagement und Sponsoren wird es wohl nicht gehen, will man die Zentralbibliothek zeitgemäß modernisieren - baulich und konzeptionell.
Ihr jetziger Zustand verbreitet einen maroden 50er-Jahre-Charme, hält keinem Vergleich stand mit dem auch architektonisch reizvollen Büchertempel im nahen Münster oder der - zugegebenermaßen von Bertelsmann unterstützten - Stadtbibliothek im noch näheren Gütersloh.

Artikel vom 24.03.2007