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Die Mama daheim kuriert die Gesellschaft

Eva Herman Gastrednerin der Unternehmerinnen

Von Sabine Schulze
Bielefeld (WB). Eva Herman als Gastrednerin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen (VdU) - das klingt wie ein Missverständnis. Und doch: Die frühere Tagesschau-Sprecherin und Moderatorin, die ihre Leser schon am Glück des Stillens teilhaben ließ, hat gestern Abend in der Bielefelder Lampe-Bank vor 100 Unternehmerinnen das »Eva-Prinzip« dargelegt.

Die 48-Jährige hat im vergangene Jahr mit ihrem gleichnamigen Buch Furore gemacht. Darin macht Herman - in vierter Ehe verheiratet und Mutter eines Kindes - grob verkürzt den Feminismus für das Aussterben der Deutschen verantwortlich und die Berufstätigkeit von Müttern für die schlechten schulischen Leistungen des Nachwuchses. Ganz so platt, betonte sie gestern, wolle sie ihr Buch gleichwohl nicht verstanden wissen. »Ich will keiner Frau den Beruf verbieten und ich will nicht missionieren. Ich will nur eine Diskussion anregen.«
Eine Diskussion darüber, dass nach ihrer Meinung die gegenwärtige Politik Mütter, die sich daheim der Kindererziehung widmen wollen (»Und das sind 80 Prozent der Frauen«), benachteilige und nur die Fremdbetreuung des Nachwuchses im Auge habe.
Die aber, kritisiert Herman, sei in Deutschland miserabel. Kleinkinder, die in Krippen und Kitas betreut würden, müssten später nicht unbedingt auf die schiefe Bahn geraten - »aber das Risiko für diese Kinder ist erhöht«. Zudem: Die ersten Lebensjahre seien entscheidend für die Bindungsfähigkeit eines Menschen. Besser also, die Mütter kümmern sich und widmen sich weniger ihrer beruflichen Selbstverwirklichung - dann auch wird diese Gesellschaft nicht weiter auseinanderbrechen. Dann auch werden die jungen Männer, die sich mit ehrgeizigen Frauen mit besseren Schulabschlüssen konfrontiert sehen, nicht mehr dermaßen irritiert sein.
Die 48-Jährige ist sich darüber im Klaren, dass sie eine Reizfigur ist: Sie hat selbst erst an ihrer Karriere gefeilt, bevor sie sich auf Familie besann. Und vier Ehen, ein Kind? »Lieber wäre es mir umgekehrt gewesen.« Aber: Der Tribut der Karriere. . . Erst allmählich, nach der Geburt ihres heute neunjährigen Sohnes, habe sie eine Veränderung durchgemacht und seitdem auch bewusst ihr Engagement zurückgefahren. Eva Herman sieht sich in erster Linie als Verfechterin des Kindeswohls und plädiert deswegen für einen Systemwechsel, der es Frauen ermögliche, daheim zu bleiben.
Ihre Zuhörerinnen begegneten der Moderatorin mit Skepsis. Auf Krawall waren sie - vielfach Mütter und Unternehmerin - nicht gebürstet, diskussionsfreudig aber durchaus. Schon im Vorfeld der Veranstaltung hatte Petra Ledendecker, Vorsitzende des VdU-Landesverbandes Westfalen, von ihren Mitgliedern zum Teil geharnischte Proteste über die Auswahl des Gastes zu hören bekommen. Ihr Statement lautete denn auch: »Die Unternehmen brauchen unbedingt qualifizierte Frauen.« Und sie zitierte NRW-Familienminister Armin Laschet: »Familien gehen nicht dadurch kaputt, dass Eltern ihre Kinder in Krippen stecken.«

Artikel vom 23.03.2007