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Kein Stress bei Vierjährigen

Eltern werden vorab informiert - Prognoseunterricht für 500 Viertklässler

Von Reinhard Brockmann
Düsseldorf (WB). Prüfungsstress für Vierjährige ist angeblich die Ausnahme: Diese Zwischenbilanz zog in dieser Woche der NRW-Schulausschuss zur Sprachstandserhebung in Kindergärten.
Delfin-Test: Karten mit Tiermotiven sollen Vierjährige zum Sprechen anregen. In der Regel legt eine den Kindern bekannte Erzieherin die Karten vor, eine Grundschullehrerin beobachtet und führt Protokoll.
»Der Delfin-Test ist sehr vernünftig angelaufen«, sagt FDP-Bildungsexpertin Ingrid Pieper-von Heiden aus Oerlinghausen. Das mit Karten und Tiermotiven gestaltete Verfahren soll Kleingruppen aus vier Kindern mit ihrer Erzieherin zum Sprechen anregen. Das gelingt nicht immer, wie ein Probelauf im Kreis Gütersloh gezeigt hat. Sollte ein sonst ganz munteres Kind vor lauter Aufregung verstummen, rät Ursula Doppmeier, Lehrerin und CDU-Landtagsabgeordnete, zur Vertagung.
Möglicherweise trage der Informationsbrief vorab an die Eltern zur Anspannung bei, meint Doppmeier. Pieper-von Heiden ergänzt: »Eltern sollten ihre Kinder auf keinen Fall verrückt machen«. Ein unaufgeregter Hinweis auf ein neues Quiz reiche vollkommen aus. Das Schlimmste, was passieren könne, sei, dass das Kind im Sommer an einem Förderkurs teilnehme, dessen Nichtnotwendigkeit sich schnell herausstelle.
Wissenschaftler der Uni Dortmund haben dem neuen Delfin-Test inzwischen eine gleich hohe Genauigkeit attestiert wie dem seit Jahren gebräuchlichen »Bielefelder Screening« zur Messung von Rechtschreib-Schwäche. Erzieherinnen und ihre Gewerkschaften hatten im Vorfeld auf eine stärkere Einbeziehung gedrungen. Im zweiten Durchgang im Mai geht es darum, alle Kinder, auch solche die keine Kindertagesstätte besuchen, zu zu beteiligen. Im Sommer wird dann die eigentliche Sprachförderung für Kinder mit Defiziten beginnen.
Nicht Stress, wohl aber viel Arbeit für Lehrer und Schulaufsicht erwartet der Detmolder Schuldezernent Heinz Kriete beim neuen Prognoseunterricht Ende April. Eingeladen sind gut 500 Viertklässler, deren Anmeldung zur Realschule (375) bzw. zum Gymnasium (145) wegen fehlender Empfehlung abgelehnt wurde. An drei Tagen werden Gruppen zu 15 Schülern in Deutsch, Mathematik und in Sachunterricht extra beschult. Unter Aufsicht meist eines zum Schulamt abgeordneten Grundschulleiters wird geprüft, ob dem Elternwunsch nach einer höheren Schulart nicht doch entsprochen werden kann.
Die Übergangsquoten zu den einzelnen weiterführenden Schularten liegen landesweit noch nicht vor, auch weil mehr Schüler als erwartet (OWL 2,2 Prozent) zum Prognoseunterricht müssen. Zweiter Unsicherheitsfaktor ist die einmalig höhere Zahl von Viertklässlern. 2006 waren es 185 000, in diesem Frühjahr sind es 192 000, in den Folgejahren werden es 182 000 und 170 000 sein. Die bereits kursierende besonders hohe Bewerberzahl an Gesamtschulen - 46 000 für 32 000 Plätze - wird von der Opposition als Beleg für die Unattraktivität des achtjährigen Gymnasiums gewertet. Aus der CDU heißt es, abgelehnt worden seien vor allem Schüler mit Hauptschulempfehlung.

Artikel vom 24.03.2007