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Gibt es im Kino einen neuen Trend?

Familie und Religion sind offensichtlich kino-tauglich
Von José García


Innerhalb heutiger Medien nimmt der Film eine herausragende Stellung ein. Denn wegen seiner kräftigen, einprägsamen Bildersprache wirkt er besonders bewusstseinsbildend. Über die reine Erzählform etwa des Fernsehens hinaus baut der Kinofilm seine Dramaturgie mit der ihm eigenen Filmsprache auf, zu der nicht nur die Umsetzung eines erzählenden Drehbuchs, sondern auch Kameraeinstellungen (und deren Bewegungen) sowie der Bildschnitt gehören.

»Der Film gilt heute mehr denn je als das Leitmedium, das literarische, künstlerische und musikalische Elemente zu einem Gesamtwerk - im Idealfall zu einem Gesamtkunstwerk - vereinigt.«
 So hat beispielsweise das Bild Wolfgang Amadeus Mozarts in den letzten zwei Jahrzehnten eine grundlegende Umwertung erfahren: Im Gegensatz zum traditionellen Mozart-Bild eines zwischen Ehealltag und künstlerischer Leidenschaft hin- und hergerissenen Kleinbürgers wird Mozart heute in weiten Kreisen als unangepasster Popkünstler angesehen. Diese Umdeutung geht zum größten Teil auf Milos Formans Film »Amadeus« (1984) zurück. Der mit 8 Oscars ausgezeichnete Spielfilm sei »Auslöser der populären Verbreitung der Chiffre âAmadeusÕ und gleichzeitig Markstein für den Wandel im Mozart-Bild« gewesen, so Cornelia Szabó-Knotik in der »Neuen Zürcher Zeitung«. Ein besonders eindringliches Beispiel für den Einfluss von Spielfilmen auf die heutige Gesellschaft.

 Der Film gilt heute mehr denn je als das Leitmedium, das literarische, künstlerische und musikalische Elemente zu einem Gesamtwerk - im Idealfall zu einem Gesamtkunstwerk - vereinigt. Aufgrund der bildgewaltigen Filmsprache beeinflusst das Kino das Denken und das Fühlen der ganzen Gesellschaft, insbesondere der jüngeren Generation, stärker als andere Medien. Selbst für den eher unterhaltungsorientierten Film gilt: Wie andere Kunstgattungen spiegelt der Film stets aktuelle Strömungen in der Gesellschaft und ein bestimmtes Menschenbild wider. Kino bildet nie einfach die Wirklichkeit ab, sondern auch die (jungen) Zuschauer aus.

Allerdings ist der Film für manche Eltern in den letzten Jahrzehnten zum Inbegriff dessen geworden, was ihrer gesamten Erziehung zuwiderläuft: Im Kino werden die Zuschauer allzu häufig nicht nur mit seichter Unterhaltung, sondern auch mit egoistischen Lebensentwürfen konfrontiert, bei denen Genuss, Macht und Besitz im Vordergrund stehen. Diese Sorge ist wegen der nicht zu unterschätzenden Wirkung auf den Gefühlshaushalt des Zuschauers keineswegs unberechtigt, zumal Menschenbilder, in denen Sex und Gewalt die vordergründigen Erscheinungen bilden, auch im Fernsehen überwiegen.

Für Christen kommt hinzu, dass sie mit der »68er Revolution« nicht selten ihren Glauben und ihre moralischen Grundsätze durch Filme wie Martin Scorseses »Die letzte Versuchung Christi« (1988) oder »Sakrileg - Der Da Vinci Code« (2006) verunglimpft sahen. Das hat lange Zeit das Verhältnis von Christen zum Kino getrübt.

Wohl deshalb mag die Meldung überraschen, die letztes Jahr von der Nachrichtenagentur »idea« verbreitet wurde: »Filme mit hohen moralischen Werten haben in den letzten drei Jahren mehr Geld eingespielt als Filme, bei denen es viel Gewalt und Sex zu sehen gab« (das Zahlenwerk stammt aus einer Studie des US-Filmexperten Ted Baehr in den Jahren 2002-2004). Zu diesen moralischen Werten, die nun im Spielfilm wieder eine stärkere Berücksichtigung finden, zählt insbesondere auch die Familie. Denn seit einigen Jahren wird im Kino unübersehbar die Familie wieder vermehrt positiv besetzt. Aktuelle Spielfilme mit einer positiven Sicht der Familie lassen sich da drei Kategorien zuordnen: Erstens gibt es wieder Filme - zumeist Hollywood-Filme - , in denen die Familie das eigentliche Genre darstellt. Auch hat, zweitens, im europäischen Film die Familie wieder einen Platz. Familie erscheint zwar nicht als »heile Welt« gezeigt, wohl aber ist eine Sehnsucht nach Geborgenheit in der Familie auszumachen. Zu einer dritten Gruppe schließlich gehören Spielfilme, die eigentlich ein ganz anderes Thema behandeln, in denen jedoch familiäre Werte als Nebenthema eine bedeutende Rolle spielen.

Unter der ersten Kategorie können »Remakes« (Wiederverfilmungen) von alten Spielfilmen oder Filme mit einer altmodischen Inszenierung wie »Im Dutzend billiger«, »Liebe auf Umwegen«, »Im Rennstall ist das Zebra los!« oder »Darf ich bitten?« erwähnt werden. Wie zu erwarten, liefert das Drehbuch eine oberflächliche Sicht der Familie, bei der auftretende Probleme sich wie von alleine lösen. Kitschige Erzählung tut ein Übriges, damit diese gut gemeinten Filme letztlich der Familie einen Bärendienst erweisen. Denn mit der Wirklichkeit haben sie kaum etwas gemeinsam.

Weit glaubwürdiger gehen da mit der Familie die Filme aus der zweiten Gruppe um, etwa der italieni-

Artikel vom 24.03.2007