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Zieht mit: Pfarrer Michael Geymeier von der Heilsarmee.Foto: Hülsegge

»Platz zu klein
- aber es gibt
nichts Besseres«

»Szene«-Umzug für Montag geplant

Von Gerhard Hülsegge
Bielefeld (WB). »Der Platz ist zu klein, aber es gibt nichts Besseres.« Unter dieser Prämisse will sich Pastor Michael Geymeier, Kapitän der Heilsarmee, vom kommenden Montag an auf dem städtischen Grundstück an der Herforder-/Ecke Schildescher Straße um Obdachlose, Alkoholiker und Drogensüchtige kümmern.

Wie berichtet, soll seine Klientel nicht länger die Menschen am Bahnhof und an der U-Bahn-Haltestelle (»Tüte«) zwischen Mövenpick-Hotel und Stadthalle behelligen. Ob die zwischen Oberbürgermeister Eberhard David und der Polizei zunächst für ein Jahr getroffene Vereinbarung hält, was sie verspricht, muss sich laut Geymeier zeigen. Hatte man dem Seelsorger noch bis vor kurzem untersagt, sich um die Randgruppe nahe des Hauptbahnhofs zu kümmern, wurde gestern für ihn sogar der Bagger aktiv. Die Stadt richtete für den 42-Jährigen und seinen Kleinbus am neuen Standort extra einen Standplatz ein, von dem aus er die 80 bis 150 Männer und Frauen am Rande der Gesellschaft mit Kaffee, Brötchen und Therapieangeboten versorgen kann.
Montags, mittwochs und freitags von 20 bis 1 Uhr soll der Pfarrer zusammen mit sieben ehrenamtlichen Kräften für das Wohl der »Menschen, die Hilfe brauchen« (wie Geymeier sie nennt) sorgen. Inzwischen hat er sich mit der zeitlichen Vorgabe auch angefreundet. »Wenn ich diese Zeit nicht annehme, sieht das so aus, als wenn ich das Projekt zum Kippen bringe«, gibt sich Geymeier diplomatisch. Auch wenn er persönlich der Meinung ist, dass 20 Uhr »ein bisschen spät« ist. »Die Szene trifft sich tagsüber«, weiß er. Geschehe dies weiter am Bahnhof, werde auch er dort zu finden sein. Sein Credo: »Ich gehe immer dorthin, wo die Menschen sind.«
17 Personen, darunter auch Pastor Geymeier, waren gestern Nachmittag der Einladung der Bürgerinitiative »Ostmannturm« in die Lutherschule gefolgt, wo Anlieger und Gegner des neuen Szene-Treffs ihre Anregungen und Bedenken äußerten. Neben Vertretern der Stadt stand Thomas Niekamp vom Sozial- und Kriminalpräventiven Rat (SKPR) Rede und Antwort. »Natürlich konnten nicht alle Ängste ausgeräumt werden«, meinte Geymeier nach der Veranstaltung. Versicherte aber zugleich: »Die Leute, um die wir uns kümmern, sind alle ungefährlich!«
Wir berichtet, haben Anwohner der Bröker- und der Herforder Straße sowie des Ostmannturmviertels eine Unterschriftensammlung gestartet, die verhindern soll, dass sich die »Szene« künftig in ihrer Nähe trifft.
Sie kommt vermutlich ebenso verspätet wie die Umfrage, die zwei Praktikanten im Auftrage der Stadt unter den »Junkies« und »Alkies« durchführen sollen. Denn nicht nur Geymeier weiß nicht, wie viele der Betroffenen den Ortswechsel tatsächlich mitmachen. Außerdem will er sich auch weiter um die Prostituierten an der Nahariyastraße kümmern. So warten alle gespannt auf den Montag. Bis dahin wird an der Herforder-/Ecke Schildescher Straße noch an einer Hecke gearbeitet - gedacht als Sichtschutz für die einen wie für die anderen.

Artikel vom 22.03.2007