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Schmuggelware als Fahrerlohn

Osteuropäische Speditionen haben sich auf illegale Transporte spezialisiert

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld (WB). In Osteuropa haben sich komplette Speditionen auf den Schmuggel unverzollter Zigaretten spezialisiert. Lastwagenfahrer bekommen für ihre Touren keinen Lohn mehr, sondern werden am Gewinn beteiligt, der mit Schmuggel erzielt wird.

Nach Angaben des Hauptzollamtes Bielefeld sind die Schmuggel-Speditionen eine neue Variante der organisierten Kriminalität. Behörden-Sprecher Claus Cornell: »Unsere Mobile Kontrollgruppe hat einen Lastwagenfahrer aus der Ukraine gefasst, der nur auf Tour mit seiner normalen Lieferung geschickt wurde, wenn er auch illegal Zigaretten transportierte. Der Verkaufserlös aus den Glimmstengeln war sein Fahrerlohn.«
Insgesamt haben die Kontrollgruppen des Zolls im vergangenen Jahr fast zwölf Millionen Schmuggelzigaretten beschlagnahmt. Dadurch sind dem Staat mehr als zwei Millionen Euro Einnahmen entgangen. Insgesamt wurden 1627 Verfahren eingeleitet, fast doppelt soviel wie im Jahr 2005.
Der Einsatzleiter der beiden Mobilen Kontrollgruppen, Zollamtmann Eckhard Göbel, betonte, dass die Tarnladungen für die Schmuggelware immer hochwertiger werde. Es sei viel handwerkliche Arbeit der Zollbeamten notwendig, um die Verstecke ausfindig zu machen. Die Autobahn 2 mit einer Länge von 450 Kilometern sei nach wie vor die Haupttransportroute der Schmuggler. Vielfach diente die A2 nur als Transitstrecke, um die illegale Ware in die Niederlande oder bis nach England bringen zu können. Der Straßenverkauf von Schmuggelzigaretten vor allem im Rhein-Ruhr-Gebiet gehöre der Vergangenheit an. Die Banden aus Mittel- und Osteuropa hätten professionelle Vertriebswege aufgebaut.
Auch in diesem Jahr sind die beiden Kontrollgruppen bereits erfolgreich im Kampf gegen Schmuggler gewesen. In drei Fällen seien große Mengen Zigaretten entdeckt worden. So sei am 18. März auf der A 2 im Bereich Hamm-Uentrup in einem polnischen Reisebus 80 000 unverzollte Glimmstengel sichergestellt worden. Die Ware sei in einem Hohlraum unter der hinteren Doppelachse versteckt gewesen, sagte Cornell. Der Busfahrer habe die Tat eingeräumt.
Im vergangenen Jahr sei auch eine Zunahme von gefälschten Schmuggel-Zigaretten festgestellt worden, sagte der stellvertretende Vorsteher des Hauptzollamtes Dittmar Klaus. Sowohl die Packungen wie die Ware selbst seien von minderwertiger Qualität. Von diesen Zigaretten, die vor allem aus dem asiatischen Raum kämen, gehe auch eine Gefahr für die Gesundheit aus.
Zugenommen habe auch der Tanktourismus, sagte Göbel. Nicht nur große Lastwagen, sondern auch kleine Lieferwagen seien mit nicht zulässigen Zusatztanks ausgerüstet, um die teuren Spritpreise zu umgehen. Auf der Hinfahrt sei zum Beispiel billiger Diesel aus dem Baltikum im Tank, auf der Rückfahrt würden vielfach weite Umwege in Kauf genommen, um zum Beispiel in Luxemburg billig tanken zu können. Lkw-Fahrer würden auf Reservereifen verzichten und stattdessen einen zusätzlichen Tank einbauen. Göbel kündigte verstärkte Kontrollen an, um den Tanktourismus einzudämmen.

Artikel vom 22.03.2007