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Der Lauf eines Lebens

Armin Hary wird 70: Gold, Rekord und Talentsuche

Von Klaus Lükewille
Landshut (WB). Der schnellste Mann der Welt: ein Deutscher. Goldener Triumph bei Olympischen Spielen über 100 Meter: ein Deutscher. Das gab's nur einmal, so gut läuft das garantiert nie mehr wieder.
Olympia-Sieg und Weltrekord: Armin Hary war 1960 der schnellste Mann der Welt. Foto: dpa
1960, das war das große Jahr des Armin Hary. Als erster Sprinter lief er glatte 10,00 Sekunden. Ein paar Wochen später gewann er auch das Finale von Rom. Hundert Meter bis zum ewigen Ruhm. Doch Hary, der heute in Landshut seinen 70. Geburtstag feiert, er gehörte damals nicht zu den umjubelten Sport-Idolen.
Kein Held - und erst recht kein Vorbild. Denn Hary galt als Einzelgänger, als Rebell, der sich auch mit dem Verband anlegte. Manfred Germar, sein Rivale in dieser Zeit, er wurde bewundert, ja sogar geliebt, Hary höchstens geachtet.
Ganz sicher am 21. Juni 1960. Da rannte er in Zürich die 100 Meter als erster Mensch in 10,00 Sekunden. Eine Zeit, die nicht zählen sollte, denn die Funktionäre kreideten ihm einen Fehlstart an. Nur 35 Minuten später trommelte ein wütender Hary die Bahn noch einmal herunter. Wieder blieben die Uhren bei 10,00 stehen - jetzt war es amtlich: Weltrekord!
Belastet mit einem Fehlstart ging Hary am 2. September 1960 auch in den olympischen Endlauf von Rom. Nervenstark distanzierte er die Konkurrenz. Gold für einen deutschen Sprinter in dieser Königsdisziplin. Vor und nach dem Saarländer hat das keiner geschafft.
Einen roten Teppich rollten sie Hary trotzdem nicht aus. Sportler des Jahres 1960 wurde der goldige Ski-Postbote Georg Thoma, nicht er.
Hary war auf der Bahn außergewöhnlich schnell, lief außerhalb der Stadien aber schon mal neben der Spur. Zunächst gab es eine Sperre wegen falscher Spesenabrechnungen, in den 80er Jahren dann ein Verfahren, als dem Immobilienmakler »Untreue« nachgewiesen werden konnte. Er kam mit einer Bewährungsstrafe davon.
Die Spikes landeten schon 1961 im Schrank. Eine Knieverletzung und ein schwerer Autounfall stoppten die einmalige Sprinter-Karriere. Da war Hary gerade erst 24 Jahre jung. Heute, mit 70, fördert er junge Talente. Ausgerechnet er, der frühere Egomane, kümmert sich um den Nachwuchs. Der letzte Endlauf seines Lebens: Hary hat ein neues Ziel.

Artikel vom 22.03.2007