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Es hätte jeden
treffen können

15 Jahre Haft für Doppelmörder (21)

Itzehoe (dpa). Es hätte jeden treffen können, der ihm gerade über den Weg lief: Für zwei »aus Frust« und in blinder Wut begangene Morde hat das Landgericht Itzehoe gestern einen jetzt 21-jährigen Mann zu 15 Jahren Haft verurteilt.

Zudem ordnete das Gericht die Behandlung in einer psychiatrischen Klinik an. »Er hat ohne Sinn zwei Menschen getötet«, sagte Richter Eberhard Hülsing. »Eigentlich wäre eine lebenslängliche Strafe richtig.« Die Kammer billigte dem Angeklagten jedoch verminderte Schuldfähigkeit zu, verhängte deshalb nicht die bei Mord übliche lebenslange Freiheitsstrafe. Er leide unter einer auffälligen Persönlichkeitsstörung.
Der unscheinbare junge Mann hatte während des Verfahrens beide Morde gestanden. Demnach stoppte er im August 2006 »aus Frust« ein Auto auf offener Straße und tötete den ihm unbekannten 41 Jahre alten Fahrer mit vier Kopfschüssen. Zwei Jahre zuvor, im August 2004, hatte er die 15-jährige Sandra aus seinem Bekanntenkreis erwürgt, nachdem sie seine Annäherungsversuche zurückgewiesen hatte.
Verteidigerin Astrid Denecke kündigte direkt nach dem Spruch Rechtsmittel gegen das Urteil an. Sie hatte eine Jugendstrafe wegen Totschlags und maximal zehn Jahre Haft gefordert. Die Begründung, die »Tatwurzel« hätte in der Jugend gelegen, ließ das Gericht aber nicht gelten. Obwohl der Angeklagte bei der ersten Tat noch nicht das Erwachsenenalter erreicht hatte, entschied es, in beiden Fällen das Erwachsenenstrafrecht anzuwenden, denn die zweite Tat auf der Landstraße sei als schwerwiegender zu bewerten. »Der Autofahrer war zur falschen Zeit am falschen Ort«, sagte Hülsing. »Es hätte jeden treffen können.« Die Staatsanwaltschaft hatte wegen zweifachen Mordes lebenslange Haft gefordert.
Der »Mörder von Wesselburen« hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt. Erst Wochen nach dem Mord an der 15-jährigen Sandra wurde die skelettierte Leiche des Mädchens an einem Rückhaltebecken gefunden. Lange blieb das Verbrechen rätselhaft, Ermittler verdächtigten den Lebensgefährten der Mutter. Dass der nun Verurteilte auch diesen Mord begangen hatte, blieb sein Geheimnis - bis er ihn bei den Verhören zu der zweiten Mordtat unvermittelt gestand. »Ohne sein Geständnis, wäre die Tat nie aufgeklärt worden«, sagte seine Verteidigerin.
Die Angehörigen der Mordopfer hatten eine härtere Strafe und anschließende Sicherungsverwahrung des Angeklagten erhofft. Die Mutter der ermordeten Sandra nach dem Urteil verbittert: »Er hat uns doch die Tochter genommen.«

Artikel vom 22.03.2007