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Flugrettung-Betrug bestritten

Zwei Brüder vor dem Landgericht: Vorwürfe wegen Steuerhinterziehung

Von Uwe Koch
Bielefeld (WB). Angeblich 1,4 Millionen Euro Schaden sollen die beiden türkischstämmigen Brüder Uranus (40) und Sahin B. (38) mit der Werbung für Flugrettungs- und Unfallhilfe-Vereine verursacht haben. Die beiden Männer, die seit Dienstag vor dem Bielefelder Landgericht stehen, wiesen indes die Vorwürfe von Staatsanwalt Marco Wibbe zurück oder machten gestern keine Aussage.

Schon seit 1988 war der in Dinslaken geborene Türke Uranus B. im Geschäft um Zeitschriften- und Vereinswerbung tätig. Anfangs tat das der gelernte Radio- und Fernsehtechniker für das Deutsche Rote Kreuz (DRK), das sich die Arbeit des Türken zunächst 34 000 Mark jährlich, im Jahr 1989 dann sogar 59 000 Mark an Provisionszahlungen kosten ließ. Dann begann Uranus B. bereits Drückerkolonnen zu beschäftigen.
Auf die Einnahmen bezahlte er in jenen Jahren bis 1990 jedoch keinerlei Steuern, wie aus einem 1999 ergangenen Urteil des Landgerichts Duisburg hervorging. Uranus B. wurde damals zu zwei Jahren Bewährungsstrafe verurteilt, in die im übrigen auch eine Bestrafung wegen schwerer räuberischer Erpressung eingeflossen war: Er hatte mit einem Komplizen 1986 einen Geldboten überfallen und um 60 000 Mark beraubt.
Bruder Sahin B. war schon 1997 vom Landgericht Duisburg wegen der Beteiligung an diesen Steuerhinterziehungen zu eineinhalb Jahren Bewährungsstrafe verurteilt worden. Kammervorsitzender Reinhold Hülsmann ließ die Grundsätze dieser Verurteilungen gestern ausführlich verlesen, da die Vorwürfe der nun zu verhandelnden Taten und die Urteilsgründe damals Ähnlichkeiten aufweisen.
Beide Angeklagte sollen nach Ansicht von Marco Wibbe für den so genannten »Flugrettungsdienst Steinhagen« umfangreiche Provisionseinnahmen erzielt haben, die indes nicht versteuert worden sind. Damit wurden, so Wibbe Einkommensteuern, Gewerbe- und Umsatzsteuern in Höhe von 68 769 Euro (Uranus B.) und 106 089 Euro (Sahin B.) hinterzogen. Zudem soll Uranus B. als Geschäftsführer eines an der Herforder Straße residierenden Werbeunternehmens Betriebsausgaben auf Scheinrechnungen in Höhe von mehr als 1,2 Millionen Euro veranlasst haben und den Bilanzgewinn der GmbH derartig geschmälert haben, dass dem Fiskus ein weiterer Ausfall der Gewerbesteuer in Höhe von 151 000 Euro entstanden sein soll. Schließlich habe Uranus B. für die Jahre 2003 bis 2005 überhaupt keine Steuererklärungen mehr abgegeben und somit zusätzliche 477 000 Euro hinterzogen.
Ganz dreist liest sich dieser Vorwurf der Anklage: Uranus B. soll von 2000 bis 2003 obendrein Sozialhilfeleistungen in Höhe von 48 895 Euro bezogen haben, weil er sich als »bedürftig« erklärt habe.
Insgesamt 13 000 Förderer hatten für die »Flugrettungsdienste« der von Bielefeld aus betriebenen Vereine Beträge gezahlt, die eigentlich für Krankenwagen und Rettungsgeräte verwendet werden sollten. Wibbe hingegen ist der Ansicht, dass ein Großteil des Geldes in der privaten Schatulle von Uranus B. landete. - Der Prozess wird fortgesetzt.

Artikel vom 21.03.2007