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Kasernen der
Bundeswehr
oft marode

Mängelliste des Wehrbeauftragten

Berlin (dpa). Die Bundeswehr krankt dem Wehrbeauftragten zufolge an Geldmangel und vernachlässigt wegen ihrer vielen Auslandseinsätze Kasernen und medizinische Versorgung im Inland.
Beklagt Investitionsstau: Jürgen Herrmann.
Das ist eine Bilanz aus den 6000 Beschwerden, die im Jahr 2006 beim Wehrbeauftragten des Bundestags, Reinhold Robbe, eingegangen sind. Gestern legte er in Berlin seinen Jahresbericht vor und warnte Parlament und Regierung davor, Abstriche an bewährten Standards der Streitkräfte zu machen. Das führe zu Vertrauensverlust und Frust unter den Soldaten, deren Leib und Leben in Auslandseinsätzen von einer guten Ausstattung und Ausbildung abhänge. »Die Bundeswehr braucht mehr Geld«, sagte Robbe.
Er berichtete von unzumutbaren, »vereinzelt skandalösen« Zuständen in Kasernen in Westdeutschland mit Schimmelbefall in Zimmern, einsturzgefährdeten Decken und Sanitärbereichen, die »man nur in Gummistiefeln betreten kann. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) räumte ein: »Tatsache ist, dass wir einen Investitionsstau haben bei den Kasernen.«
Allgemein kritisierte Robbe, die Bundeswehr sei trotz immer neuer Belastungen unterfinanziert. Viele Soldaten hätten den Eindruck, sie müssten für immer weniger Geld immer mehr leisten.
Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, sagte: »Es rächt sich jetzt, dass viele Jahre lang nicht genügend Geld für Modernisierungen zur Verfügung gestellt worden ist.«
Zu den gravierendsten Mängeln bei Auslandseinsätzen zählte die Unterbringung im Kongo. Zelte waren undicht und schimmelig. »Solche Verhältnisse sind unzumutbar, gerade weil sie vermeidbar gewesen wären«, sagte Robbe. In Afghanistan fehlte es den Soldaten trotz der sich dort verschärfenden Bedrohungslage sowohl an geschützten Fahrzeugen als auch an Waffen und Munition.
Wegen der Auslandseinsätze vieler Mediziner fehlten den Bundeswehrkrankenhäusern in Deutschland Chirurgen und Anästhesisten, beklagte Robbe. Das Personal habe zum Teil eine Arbeitszeit von 70 bis 80 Wochenstunden. Offiziere des Sanitätsdienstes wollen wegen zu vieler Überstunden gegen die Bundesrepublik klagen.
»Die vom Wehrbeauftragten beklagten Zustände kann man unseren Soldaten nicht zumuten«, sagt Jürgen Herrmann (Brakel). Der CDU-Abgeordnete im Verteidigungsausschuss beklagt einen Investitionsstau von sieben Milliarden Euro. Auch in Augustdorf und Höxter würden notwendige Modernisierungen »noch geraume Zeit« andauern. »Aberwitzig« nennt der Wehrexperte, dass im Osten »nigel-nagel-neue Kasernen dicht machen.« S. 4: Kommentar

Artikel vom 21.03.2007