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Ein Postdirektor als Zeuge
der deutschen Geschichte

Eberhard Heyd (72) zu Gast im Erzählcafé


Brackwede (ptr). Die deutsche Geschichte hat das Leben von Eberhard Heyd (72) geprägt -Ê vom Zweiten Weltkrieg über die Teilung in zwei Staaten bis zur Wiedervereinigung. Im Erzählcafé berichtete der ehemalige leitende Postdirektor von seinen Erlebnissen. 1934 geboren, erlebte er den Krieg als kleiner Junge. Lebhaft wusste er zu schildern, wie seine Eltern denunziert wurden, weil sie in der Öffentlichkeit nicht mit dem Hitlergruß gegrüßt hatten oder sein Großvater mit 75 Jahren eine Kanzelabkündigung des württembergischen Landesbischofs gegen die Euthanasiepolitik der Nationalsozialisten verlas und auf wundersame Weise von der Gestapo unbehelligt blieb.
Besonders traumatisch sei ein Angriff auf Heilbronn gewesen, den er aus der Ferne miterlebt habe. »Der Himmel über der Stadt war eine einzige Feuerwand und 20 Kilometer entfernt hat die Erde noch gebebt.« Manche Nacht habe er im Luftschutzkeller verbracht. Es sei höchste Zeit den mutigen Luftschutzwarten und Feuerwehrmännern, die ihr Leben riskierten, heute ein Denkmal zu setzen.
Nach dem Krieg machte Heyd Abitur und studierte Jura. Während dieser Zeit konnte er erstmals in die DDR nach Jena reisen. Studenten erzählten ihm von ihren Erlebnissen beim Aufstand vom 17. Juni 1953: Wie Straßenbahnen als Blockaden dienten, SED-Büros gestürmt und Akten aus dem Fenster geworfen wurden, bis ganze Plätze voller Papier lagen.
Nach dem Studium verschlug es Heyd zur Deutschen Bundespost, denn: »Die haben auf meine Bewerbung als erste reagiert«. Über die Stationen Stuttgart und Wuppertal ging es schließlich nach Ostwestfalen: Heyd leitete von 1969 bis 1973 das Postamt Gütersloh, bis 1994 dann das Postamt in Bielefeld. Mit der Wende 1990 wurde er für ein Jahr in die Postdirektion Schwerin versetzt. Eine turbulente Zeit, an die der 72-Jährige gerne zurückdenkt. »Ich habe damals viele Fachleute kennen gelernt, die in einem atemberaubenden Tempo Strukturveränderungen durchführten, für die wir Jahrzehnte Zeit gehabt hatten. Dass sie dabei trotz Stellenabbaus nicht die Lust verloren haben, nötigt mir bis heute Respekt ab.«
Seit 1999 ist Heyd im Ruhestand, in dem er sich unter anderem für die Städtepartnerschaft zwischen Bielefeld und Nowgorod und den Erhalt des Matthias-Gemeindehauses im Südwestfeld einsetzt. Sein liebster Freizeitvertreib jedoch ist das Bergsteigen.

Artikel vom 21.03.2007