20.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Deutschland nicht erpressbar

Merkel lehnt Forderung der Geiselnehmer ab - Deutsche Hilfe für Afghanistan

Berlin (dpa/Reuters). Die Bundesregierung will sich dem Ultimatum der Entführer der beiden deutschen Geiseln im Irak weiter nicht beugen.
Das machte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestern - einen Tag vor Ablauf der von den Geiselnehmern gesetzten Frist - in Berlin nach einem Gespräch mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai deutlich. Merkel betonte, dass der Krisenstab alles tue, um das Leben der Geiseln zu schützen. Die Regierung sei »in großer Sorge«. Andererseits lasse sich die Bundesregierung nicht erpressen. Die Entführer hatten vor gut einer Woche gedroht, die beiden Geiseln zu töten, falls die Bundesregierung nicht ihre Truppen aus Afghanistan abzieht.
Die Bundesregierung will mit einer Kombination aus deutscher Militärpräsenz und Entwicklungshilfe der zunehmenden Instabilität in Afghanistan begegnen. Dazu erklärte die Bundeskanzlerin: »Unser Konzept einer militärischen Säule und einer Entwicklungszusammenarbeit ist die richtige Mischung.« Das hätten die Erfahrungen im Norden des Landes gezeigt, wo die Sicherheitslage durch den Mix relativ stabil sei.
In der knapp einstündigen Begegnung im Kanzleramt stellte Karsai keine weiteren Forderungen nach einer Ausweitung des Bundeswehreinsatzes im Süden des Landes, wo sich NATO-Streitkräfte mit dem Taliban-Kräften blutige Kämpfe liefern. Darüber müsse allein Deutschland entscheiden. Derzeit sind in dem Land am Hindukusch 3150 Soldaten der Bundeswehr stationiert.
Karsai begrüßte auch den Einsatz deutscher Tornado-Aufklärungsflugzeuge im Süden seines Landes, der in Deutschland umstritten ist. Die Bevölkerung in Afghanistan sehe dies als »psychologische Garantie« für die eigene Sicherheit. Der afghanische Außenminister Rangin Dadfar Spanta sprach sich klar für den weiteren Einsatz der Bundeswehr in seinem Land aus. Ein Abzug der deutschen Soldaten würde katastrophale Folgen für die Sicherheit und auch den Aufbau einer Demokratie haben, sagte Spanta.
Karsai hatte am Sonntagabend mehr internationale Hilfe für die afghanische Armee und die Polizei seines Landes gefordert, ohne jedoch Deutschland konkret anzusprechen. »Wir brauchen eine gut trainierte und ausgerüstete Armee.« Dies werde für die internationale Gemeinschaft im Endeffekt preiswerter als die gegenwärtige Stationierung eigener Militäreinheiten in seinem Land. Afghanistan wäre mit 70 000 gut trainierten Soldaten zufrieden, sagte Karsai. Dies ist die Obergrenze, die die Staatengemeinschaft Afghanistan zugestanden hat.
Der vor zwei Wochen in Afghanistan von Taliban-Kämpfern entführte italienische Journalist Daniele Mastrogiacomo ist gestern freigelassen worden. Der Reporter wurde in ein Krankenhaus in der Stadt Lashkargah gebracht. Ministerpräsident Romano Prodi betonte, der 52-jährige Journalist der Zeitung »La Repubblica« sei körperlich in guter Verfassung und werde bald in Italien sein.
Ein Selbstmordattentäter hat gestern in der afghanischen Hauptstadt Kabul einen Konvoi der US-Botschaft angegriffen. Bei dem ersten Selbstmordanschlag in Kabul seit Jahresbeginn wurde ein Amerikaner schwer verletzt. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 20.03.2007