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Merkel zieht positives Fazit

Polen-Reise brachte Annäherung in Fragen der EU

Berlin/Warschau (dpa). Trotz weiter bestehender Differenzen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel auf ihrer Polen-Reise erste Fortschritte im Streit über die Zukunft der EU und die amerikanische Raketenabwehr erreicht.

Nach den intensiven Gesprächen mit der Kanzlerin in der Nähe von Danzig zeigte sich der polnische Staatschef Lech Kaczynski zumindest bereit, die »Berliner Erklärung« zur Weiterentwicklung der EU auf dem Jubiläumsgipfel am kommenden Wochenende in Berlin zu unterschreiben. Damit ist klar, dass es - wie von der deutschen EU-Ratspräsidentschaft gewünscht - zur Proklamation der 27 Staats- und Regierungschefs über die Zukunft der Gemeinschaft kommen kann.
Merkel sah ferner Bewegung auf polnischer Seite in den Gesprächen über die EU-Verfassung. Polen soll nach Informationen aus Warschau nicht mehr strikt am Vertrag von Nizza festhalten, der dem Land ein recht großzügiges Stimmengewicht in Europa zumisst. Das Land ist jetzt zumindest offen für eine Diskussion auf Grundlage des 2005 gescheiterten EU-Verfassungsentwurfs.
In der Debatte um die Stationierung einer US-Raketenabwehr auch in Polen zeigte sich Kaczynski zumindest offen, die Frage in der NATO zu diskutieren und nicht ausschließlich als Angelegenheit seines Landes zu betrachten.
In der Sommerresidenz des polnischen Präsidenten auf der Ostseehalbinsel Hela hatte die Kanzlerin am Freitagabend und Samstagmorgen mehrere Stunden mit Lech Kaczynski über alle strittigen Fragen gesprochen. Nach den Belastungen im deutsch-polnischen Verhältnis durch den Bau der Ostsee-Gasleitung und die Diskussion über die Vertreibung einerseits und die polnischen Blockaden auf EU-Ebene andererseits sah Merkel Fortschritte. »Wir haben sehr gute Gespräche geführt«, sagte Merkel. »Ich habe den gemeinsamen Willen gespürt, in der EU voranzukommen.« Mit Blick auf den Verfassungsvertrag hätten beide Seiten »eine enge Zusammenarbeit in den kommenden Monaten vereinbart«.
Auch Kaczynski sagte, er habe einen Schritt auf Deutschland zugemacht. Trotz Bedenken werde Polen die Berliner Erklärung am 25. März unterzeichnen. »Wenn wir nicht unterschreiben, wären wir das einzige Land, das dies täte«, sagte Kaczynski. »Ich sehe keinen Grund dafür, dass wir in diese Lage kommen sollten.«
Nach seinen Worten hat die polnische Seite auch »grünes Licht« für die weitere Arbeit an der EU-Verfassung gegeben. Auch wenn Polen dort gerne die christliche Tradition verankert hätte, wie der polnische Präsident bedauerte. Dennoch wird in der Bundesregierung weiter mit schwierigen Verhandlungen mit Polen gerechnet.

Artikel vom 19.03.2007