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Shanty-Chor
gelingen auch
die zarten Töne

Publikum fordert vier Zugaben

Von Elke Wemhöner
und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). Ihre Vielseitigkeit ist immer noch steigerungsfähig. Der Shanty-Chor der Marinekameradschaft Bielefeld brachte am Samstagabend den gut besetzten Saal der Oetkerhalle zum Brodeln. Vier Zugaben erklatschte sich das begeisterte Publikum.

Eine riesiges Bühnenbild mit einem Dreimaster vor Hafenkulisse, der Mini-Leuchtturm und weitere gezielt ausgewählte Requisiten stimmten die Besucher ein für das Programm »Lieder von See«. Nach sechs Schlägen der Schiffsglocke nahm der Bielefelder Chor seine Besucher mit auf einen musikalischem Ausflug.
Natürlich haben die 54 Sänger ihr Stammpublikum, treten in der Oetkerhalle einer wohlgesinnten Zuhörerschaft gegenüber. Doch auch diese weiß es zu schätzen, wenn neben Beliebt-Bewährtem auch andere Töne angeschlagen werden. So zeigten sich die Stimmen der »Seebären« beim Samoa-Lied von einer zarten Seite, boten hingegen beim irischen Volkslied »Whisky in die Jar« einen kräftigen Klangteppich für den Solisten. Und sie bewiesen wieder einmal, dass sie im Gospelsound genauso zu Hause wie in den Traditionals.
Vor allem die jüngeren Zuhörer im Publikum horchten gespannt auf, als »I'm sailing« angekündigt wurde - der berühmte Hit von Rod Stewart. Und die Shanties präsentierten es mit viel Gefühl. Es war das Paradestück des Abends.
Ein Hörgenuss war auch der Titel »Biscaya«, mit dem sich die Sailor-Band (Siegfried Burk und Dieter Schürmann, beide Akkordeon; Manfred Lück, Gitarre; Keyboard Eberhard Spalthoff; Schlagzeug Wilfried Löchter) in einer Solistenrollen vorstellte. Da gaben die Shanties »nur« den Background-Chor. Die Zuhörer waren begeistert und honorierten diese »Extras« mit starkem Beifall. Die »Sailor-Band« hatte erstmals ihren Platz in der Mitte der Bühne.
Die Klassiker-Stücke, wie das »Friesenlied« und »Rolling Home«, sind nahezu ein Muss für ein maritimes Konzert dieser Größenordnung. Freddy Quinns »Junge, komm' bald wieder« durfte auch nicht fehlen. Diese Titel wurden in gewohnter Qualität präsentiert und von manch einem Zuhörer auch mitgesummt. Das ist ausdrücklich erlaubt. Moderator Hans-Günter Lokowand machte gleich zu Beginn des Konzertes deutlich, dass Mitsingen der Refrains und Mitschunkeln gern gesehen sind. Shanty-Chor-Auftritte sollen vor allem eines: dem Publikum Freude bereiten. Die Solisten dürfen sich hingegen der ungeteilten Aufmerksamkeit und einer stillen Zuhörer-Kulisse sicher sein.
An dieser Stelle seien sie erwähnte: Roland Kreier-Hardung (Titel »Ein Fässchen Rum« und »Sailing«), Hans-Günter Lokowand (»Whisky in die Jar« und »Rosemarie«), Wilfried Mühlhardt (»Seemannsliebe« und »Junge komm' bald wieder«), Johann Reck (»Der Junge an der Reeling« und »Oh roll the Cotton down«) sowie Werner Westphal (»Rum aus Jamaika« und »Rolling home«).
Alles im Blick zu behalten, dem Chor die notwendigen Hinweise zu geben - Christoph Fischenbeck als Dirigent agierte mit der ihm eigenen Lockerheit. Da blieb immer wieder Zeit für den Kontakt zum Publikum, das dies zu schätzen wußte. Und schließlich bleibt anzumerken, dass auch der »Ostfriese vom Dienst«, Klaus-Dieter Schürmann mit seinen Schnacks und Anekdoten für Würze sorgte und Reinhard Ludewig ein stimmungsvolles Mundharmonika-Solo beisteuerte.
Es war nicht verwunderlich, dass nach zwei Stunden Musikprogramm (Pause abgerechnet) das Publikum mehr begehrte. Für die Agierenden auf der Bühne ist der Applaus nach dem offiziellen Schlusslied ein Gradmesser: sind die Zuschauer zufrieden oder begeistert? Die Shanties dürfen versichert sein - das Publikum war an diesem Abend rundherum begeistert. Und der Chor geizte nicht mit Titeln, legte vier Lieder nach. Die waren das »Sahne-Häubchen« des Abends. »Auf der Reeperbahn nachts um halb Eins« holte die Zuhörer von den Sitzen und brachte den Saal zum Brodeln. Dabei zeigte sich, das die Fans der Shanty-Musik bei solchen Klassikern absolut textfest sind.

Artikel vom 19.03.2007