19.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Mallorquiner in
Sorge um Insel

Zweitwohnsitz für halb Europa

Palma de Mallorca (dpa). »Hier sind typische Souvenirs aus Mallorca«, sagen die jungen Umweltschützer mit einem ironischen Lächeln. Den Passanten in der Inselhauptstadt Palma drücken sie dazu kleine Tüten in die Hand.

Darin finden sich Zement und Steinbrocken. Die Tütchen wurden auf einer Kundgebung verteilt, bei der am Samstagabend 50 000 Mallorquiner gegen Umweltzerstörungen auf der spanischen Ferieninsel protestierten - mehr als je zuvor. Die »Andenken« sollen symbolisieren, was in den Augen der Demonstranten zu einem typischen Merkmal der Balearen-Insel geworden ist: der ungebremste Bauboom.
Die große Zahl der Demonstranten zeigt, dass vielen Mallorquinern der alljährliche Massenansturm der Urlauber nicht mehr geheuer ist. Viele Bewohner befürchten, die Insel könnte ein Opfer ihres eigenen Erfolgs und komplett zubetoniert werden. »Es wird ein beispielloser Raubbau an der Natur betrieben«, beklagt die Umweltschutzorganisation GOB.
Mallorca hatte 2006 eine Rekordzahl von 9,6 Millionen Urlaubern aufgenommen, 9,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Deutschen bildeten mit 3,6 Millionen die größte Gruppe. Der Protest richtet sich allerdings weniger gegen die Pauschaltouristen. Was den Mallorquinern viel mehr Sorge bereitet, ist der Trend, den Mallorca-Urlaub in eigenen Ferienwohnungen zu verbringen. »Die Politiker haben entschieden, Mallorca zum Zweitwohnsitz Europas zu machen«, meint der GOB-Sprecher Miquel Angel March. »Dazu braucht man Autobahnen, einen noch größeren Flughafen, Kraftwerke, Kläranlagen.«
Die konservative Regionalregierung der Balearen pumpte in den vergangenen vier Jahren 200 Millionen Euro in den Ausbau des Straßennetzes. Es entstanden Autobahnen von Palma in das schöne Andratx im Westen und in den Inselnorden nach Sa Pobla sowie eine Schnellstraße nach Manacor. Mallorca wurde zu einer Insel der kurzen Wege. »Orte, die seit Menschengedenken in der Abgeschiedenheit des Hinterlandes lagen, sind nun plötzlich ganz nah an Palma herangerückt«, schrieb das »Mallorca Magazin« kürzlich. Damit wurden bislang verschlafene Nester mit einem Mal für Bauprojekte interessant.
Ferienwohnungen konzentrieren sich längst nicht mehr allein an den Badestränden am Meer. Die Urlauber und Ausländer mit Zweitwohnsitz erobern auch das Innere der Insel - manchmal gar schon Landschaftsschutzgebiete.

Artikel vom 19.03.2007