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Ehud Olmert

»Von dieser Regierung nicht in die Irre führen lassen.«

Leitartikel
Palästinenser-Regierung

Wer kann die Zerrissenheit
überwinden?


Von Friedhelm Peiter
Der Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas tut alles, um die Menschen im Westjordanland und im Gazastreifen aus der internationalen Isolation herauszuführen. Er reicht mit der Bildung der Einheitsregierung von Hamas und Fatah Israel erneut die Hand, um der Bildung eines Palästinenser-Staates näherzukommen.
Hamas-Ministerpräsident Ismail Hanija hingegen fordert Israel erneut heraus. Er lehnt die Anerkennung Israels ausdrücklich ab, betont das Recht auf Widerstand und will bisherige Nahost-Abkommen lediglich respektieren.
Auch der Versuch Saudi-Arabiens, die Hamas-Führung zumindest auf den Nahost-Friedensplan der Arabischen Liga einzuschwören, der im Kern die Bildung eines Palästinenserstaates bei gleichzeitigem Rückzug der Israelis auf die Grenzen von 1967 vorsieht, schlug fehl.
Die israelische Regierung reagierte prompt mit der Ablehnung der Einheitsregierung, mit der sie nicht verhandeln will. Ministerpräsident Ehud Olmert beschwor die internationale Gemeinschaft, sich von dieser Regierung »nicht in die Irre führen zu lassen« und den Boykott fortzusetzen.
Und so sieht sich Abbas mit seiner neuen Regierung gezwungen, zwei nur mühsam zu lösende Aufgaben anzugehen. Er muss einerseits den Frieden zwischen den Kämpfern von Hamas und Fatah wiederherstellen, um wieder etwas mehr Stabilität in die Autonomiegebiete zu bringen.
Andererseits will er trotz aller innenpolitischen Schwierigkeiten versuchen, den internationalen Finanzboykott zu durchbrechen. Erste kleine Erfolge sind an den Zusagen Frankreichs und Russlands abzulesen, wieder Kontakte zur Palästinenser-Regierung aufzunehmen. Es wird vom künftigen Kurs der Hamas-Führung innerhalb dieser Regierung der Gegensätze abhängen, ob die Boykott-Front zusammenbricht.
Die ganze Zerrissenheit dieser Regierung lässt sich an der Person des neuen Innenministers Hani Kwassmi festmachen. Kwassmi, der ein Managementstudium absolviert hat, zuletzt am obersten palästinensischen Gericht tätig war und parteilos ist, war erst nach langwierigen Verhandlungen zwischen Fatah und Hamas in dieses wichtige Amt berufen worden.
Ihm unterstehen alle Sicherheitsdienste. Damit hat er den sensibelsten Job in der Regierung. Viele der insgesamt 50000 Mitglieder sind Fatah-Anhänger, die sich Anordnungen der bisherigen Hamas-Regierung widersetzt haben.
Daneben hat die Hamas-Führung eine 6000 Mann starke paramilitärische Truppe aufgestellt, die bisher nur auf Befehl von Ministerpräsident Ismail Hanija handelte und auch in Anschläge gegen Israel verwickelt sein soll. Dazu gesellt sich dann noch die Leibgarde von Mahmud Abbas, die nur den Anordnungen des Präsidenten folgt.
Wie der neue Innenminister diese unterschiedlichen Gruppierungen in den Griff bekommen soll und mit welchem Rückhalt in der Regierung, ist nur eine der vielen unbeantworteten Fragen, die die Bildung dieser Einheitsregierung aufwirft.

Artikel vom 19.03.2007