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Schöner leben
mit dem DRK

Betrugsskandal um Aachener Chef

Von Elke Silberer
Aachen (dpa). Mit unglaublicher Dreistigkeit hat sich der Geschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Aachen bereichert.

Eine Prüfung ergab nach Angaben des DRK-Landesverbandes Nordrhein, dass der inzwischen fristlos entlassene Gerhard H. auf Kosten des DRK drei Dienstwagen fuhr, drei Gehälter bezog - und noch Geld für einen Beratervertrag erhielt.
Nach den Fahrtkosten-Abrechnungen müsste der Aachener Geschäftsführer zudem 150 Tage im Jahr jeweils den ganzen Arbeitstag Auto gefahren sein. Kilometer habe er dann noch doppelt abgerechnet. Das DRK habe ihm Rechnungen bezahlt, ohne dass eine Gegenleistung erfolgt sei, auch Zigaretten, Schokoriegel und Zeitungen gingen auf Rechnung der Hilfsorganisation. »Das ist für uns alle eine Riesensauerei, was da gelaufen ist«, sagte der Geschäftsführer vom DRK-Nordrhein, Günther Neuses, am Freitag. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Untreue.
Prüfer des DRK-Landesverbands fanden Hinweise, dass sich der Mann auf dem örtlichen Chefsessel wahrscheinlich zehn Jahre lang ungeniert aus der Kasse der caritativen Einrichtung bedient hat. Bei den jährlichen Kassenprüfungen war er nicht aufgeflogen. »Wenn es jemand darauf anlegt, etwas zu vertuschen, dann kann es lange dauern, bis das bekannt wird«, sagte die stellvertretende DRK-Verbandsvorsitzende, Karin Meincke. So sollen die meisten »Machenschaften« über die Tochtergesellschaften gelaufen sein - und damit an der Rechnungsprüfung vorbei. In Zukunft werde es da viele Änderungen geben, kündigte Neuses an.
Gerhard H. war Geschäftsführer des Roten Kreuzes in Aachen und zweier mit der Arbeiterwohlfahrt betriebener Tochtergesellschaften: ein Seniorenservice und ein Alt-Textil-Dienstleister mit Wäscherei. Von allen drei Organisationen kassierte er ein Gehalt, wahrscheinlich »über 10 000 Euro, sehr viel mehr als ein Geschäftsführer des DRK verdienen würde«, sagte Neuses. Es habe auch Geschäfte mit einer Altkleiderfirma von H.'s Frau gegeben und auch mit seiner Tochter, einer Anwältin, war man vertraglich verbandelt.
Gerhard H. stolperte dann nach etwa 20 Dienstjahren beim DRK über zwei sehr auffällige Dienstwagen: Einen Geländewagen und einen 400 PS starken Sportflitzer, die zusammen 120 000 Euro gekostet haben sollen. Daneben gab es noch einen dritten, kleineren Wagen. »Dass er dicke Autos fuhr, das war bekannt. Niemandem ist es in den Sinn gekommen, dass die Autos dem Roten Kreuz gehören«, sagte Neuses. Einmal habe er mit H. über den Sportflitzer gesprochen. »Er hat mir gesagt, er habe eine große Erbschaft gemacht und viel verdient im Börsengeschäft.«
Gerüchte habe es schon länger gegeben. Dann war plötzlich eine gefälschte Pressemitteilung zu den dicken Dienstwagen im Umlauf - und der Stein kam ins Rollen. Die interne Prüfung sei jedoch sehr schwierig, sagte Neuses: Belege sind verschwunden, Festplatten gelöscht. Die jetzt vorgelegten Ergebnisse seien noch vorläufig, die Aufklärung nicht abgeschlossen. Offen sei zur Zeit auch, ob es Mittäter gab.

Artikel vom 17.03.2007