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Alle Spuren führen mitten nach Bielefeld

Eva Reichmann liest aus ihrem neuen Kriminalroman

Von Kendra Taktak (Text und Foto)
Brackwede (WB). An Leichen mangelt es in der Geschichte nicht: das Sauerland, Wien, das Salzkammergut und Südafrika sind die Schauplätze des unnatürlichen Ablebens mehrerer Personen. Spektakulär ist bei der spannenden Handlung die Zusammenführung sämtlicher Spuren an einem besonderen Ort: mitten in die Stadt Bielefeld.

Am Freitagabend las Krimiautorin Eva Reichmann in der Stadtteilbibliothek Brackwede aus ihrem aktuellen Roman »Schönheitskorrekturen«. Der österreichische Sonderermittler Richard Altinger ist in Südafrika darum bemüht, das Verschwinden eines Ehepaares aufzuklären. Doch den wahren Kulturschock erfährt er erst, als ihn seine Ermittlungen nach Bielefeld führen: »Wos is Ihnen denn do passiert?«, fragt er erschrocken in einer Fleischerei, als ihm bei der Suche nach einer anständigen »Wurstsemmel« ein Topf mit Wurstebrei in den Blick gerät.
Mit geistreichem Wortwitz und ulkiger Situtationskomik, flüssig und wohl prononciert vorgetragen, bewies Eva Reichmann ihrem Brackweder Publikum, dass sie Bücher nicht nur spannend zu schreiben, sondern auch unterhaltsam vorzulesen versteht. Ob gestochenes Hochdeutsch oder »Wiener Schmäh«Ü, ob mit hoher Stimme säuselnd oder laut und kräftig brummend, ihre lebhaft vorgetragenen Dialoge waren ein besonderer Ohrenschmaus.
Viele der lustigen Anekdoten, die den osterreichischen Ermittlern »daheroben« bei den »germanischen Nachbarn« in OWL passieren, gehen auf ihren eigenen Erfahrungsschatz zurück. Denn Eva Reichmann ist gebürtige Österreicherin und stammt aus Salzburg. Seit ihrem Studium wohnt, lebt und arbeitet die mittlerweile promovierte Literaturwissenschaftlerin in Bielefeld.
Was ihren Stil im Besonderen ausmacht, ist die lebensnahe Zeichnung der schrulligen wie sympathischen Charaktere: Der Wiener Kommissar und Feinschmecker Penka ergeht sich gerne in »kleinen Sophistereien« und doziert bei »gebackenem Wels mit Braterdäpfeln« und »Topferstrudel« über österreichische Kultur und Mentalität. Gendarmerie-Postenkommandant Krallinger hingegen schätzt einen Genuss ganz anderer Art: Er raucht mit Vorliebe »Regie Virginia« - lange, sehr dünne Zigarren mit Mundstücken aus Stroh, vor deren Rauch nicht nur Fliegen, sondern auch Kollegen das Weite suchen . . .  »Die Figuren entstehen bei mir zuerst; eine kriminalistische Hintergrundhandlung entwickelt sich beim Schreiben»« plaudert Eva Reichmann zwischen ausgewählten Textabschnitten aus dem Nähkästchen.
Gastgeberin Christel Giesecke, die die Volkshochschul-Nebenstelle in Brackwede leitet, kann zufrieden sein: Diese elfte Auflage der Lesereihe, organisiert in Kooperation mit der Stadtteilbibliothek, war sicher einer ihrer Höhepunkte - schade, dass nur wenige Zuhörer die außergewöhnliche Lesung miterlebten. Katharina Günter, Leiterin der Stadtteilbibliothek, wurde auf den Roman im Internet aufmerksam: Eine Leserin schilderte ihn als äußerst spannend und witzig, was sich der Bibliothekarin bei eigener Lektüre bestätigte.
Romane habe Eva Reichmann schon immer schreiben wollen, es jedoch aus Zeitmangel lange auf später verschoben. »Irgendwann habe ich mir die Zeit genommen und einfach angefangen,« erklärt sie. »Schönheitskorrekturen«, nach »Kalter Grund« ihr zweiter Kriminalroman mit historischem Aufhänger, erschien im Winter 2005 wie der erste bei den Dahlemer Verlagsanstalten Berlin. Und ein dritter Krimi ist bereits in Arbeit. »Ideen habe ich genug,« bemerkt die Autorin schmunzelnd.

Artikel vom 19.03.2007