17.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

BKA: Nach Video-Terrordrohung
besteht kein Anlass zur Panik

Bundeskriminalamt fordert erneut mehr Überwachungsmöglichkeiten

Wiesbaden (dpa). Trotz der jüngsten Video-Terrordrohung sieht das Bundeskriminalamt (BKA) keine Notwendigkeit für zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen in Deutschland.

Das Sicherheitsniveau sei bereits sehr hoch, sagte BKA-Präsident Jörg Ziercke am Freitag in Wiesbaden: »Zu Panik besteht kein Anlass. Das Video taugt nicht zur Dramatisierung der Gefährdungslage in Deutschland.« Eine »neue Qualität« liege allerdings in der ausführlichen Bezugnahme auf Deutschland und Österreich sowie der professionellen Machart. Sie verrate Geschicklichkeit und analytische Fähigkeiten: »Da hat jemand Hand angelegt, der der deutschen Sprache sehr mächtig ist.«
Ziercke bezeichnete die voe iner Woche aufgetauchte Video-Botschaft als »Drohgebärde« ohne konkrete Anschlaghinweise. Es könne durchaus fanatisierten Einzeltätern als Rechtfertigung dienen. Die Gefährdung Deutschlands habe zwar zugenommen, bleibe aber »abstrakt«. Ein Ausmaß wie in den USA, Israel und Großbritannien habe sie nicht erreicht, sagte Ziercke.
Nach Darstellung des BKA-Chefs zeigt das Video, wie militante Islamisten das Internet zur Radikalisierung und Rekrutierung verwenden: »El Kaidas Konzept der Indoktrinierung über die Medien scheint zunehmend aufzugehen.« Die deutschen Sicherheitsdienste nutzten inzwischen automatische Suchmaschinen, um islamistische und rechtsextremistische Internetseiten zu überwachen.
Das Motiv des Mordes an einem deutschen Aufbauhelfer in Afghanistan ist für das BKA noch nicht geklärt. Es sei klar, dass die Umstände an eine politische Tat denken ließen, sagte Staatsschutz-Abteilungsleiter Klaus Wittling. Aber das BKA habe dazu keine Erkenntnisse.
Ziercke forderte erneut mehr Handlungsmöglichkeiten. Die Polizei brauche praktikable Regelungen für die Wohnraumüberwachung und die Ermächtigung zur Online-Durchsuchung privater Computer. Abhörmaßnahmen gebe es kaum noch, seit die Polizei solche Maßnahmen abbrechen müsse, wenn das Gespräch die Privatsphäre anschneide. Dabei habe beispielsweise 2003 nur eine Wohnraumüberwachung einen Sprengstoffanschlag auf eine jüdische Einrichtung in München verhindern können.
Die Online-Untersuchung sei erforderlich, weil Kriminelle das Internet zunehmend zum Austausch und zur Planung benutzten, sagte Ziercke. Die Beschlagnahmung von Computern bringe nichts mehr, da Daten inzwischen ins Internet ausgelagert und mit Passwörtern geschützt würden. Eine Verfolgung sei nur möglich, »wenn es uns gelingt, Daten online abzugreifen.« Schon wegen des Aufwands könnten solche Durchsuchungen nie flächendeckend, sondern immer nur sehr gezielte Einzelmaßnahmen sein.
Nach BKA-Erkenntnissen wird das Internet auch immer mehr zum Tatwerkzeug. Eine Variante sei, mit Spam-Mails auf fremden PCs so genannte »Trojaner« zu installieren, sagte Abteilungspräsident Jürgen Maurer.
Mit diesen getarnten Programme könne ein Täter fremde Rechner für seine Zwecke nutzen - etwa sie unbemerkt zu »Botnetzen« zusammen schalten, um mit massenhaften Anfragen Firmenserver lahm zu legen. Mit dieser Macht könne er dann die betreffenden Firmen erpressen.

Artikel vom 17.03.2007