17.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Rudolf-August Oetker, er starb am 16. Januar, hier bei einer Bilanzpressekonferenz, natürlich mit Pfeife.

Preuße, Patriot und
ein großes Vorbild

August Oetker zeichnet prägnantes Bild des Vaters

Von Michael Diekmann, Christian Althoff und Manfred Matheisen mit Fotos von Carsten Borgmeier und Bernhard Pierel
Bielefeld (WB). Es war ein Abschied voller liebevoller Erinnerungen und Hochachtung vor dem Lebenswerk. 1 500 Gäste nahmen gestern an der Trauerfeier für Rudolf-August Oetker teil.

Der Himmel ist bedeckt, der Wind eisig an diesem 16. März. Drinnen in der Rudolf-Oetker-Halle bestimmen hunderte weißer Hyazinthen, Tulpen und Narzissen das Bild rund um die Bühne. Ein Dutzend hochstämmiger Lebensbäume setzt Akzente. Der Blick der Besucher fällt sofort auf das große Portrait von Rudolf-August Oetker am rechten Teil der Bühne. Es zeigt dieses für ihn so typische warme Lächeln und seinen verschmitzten Blick.
Bielefeld nimmt Abschied vom Firmensenior. »Es war eine schöne Veranstaltung«, hätte er vielleicht selbst gesagt. Immerhin hatte er den Ablauf schon vor längerer Zeit mit Ehefrau Maja und seinem Sohn Dr. August Oetker besprochen. Der sollte, so hatte er bestimmt, als einziger reden. Und dann hatte RAO, wie das firmeninterne Kürzel des Seniors lautete, ihm schmunzelnd »viel Vergnügen« bei dieser Aufgabe gewünscht. So war er eben. Ravensbergisch bescheiden, clever planend, analytisch und strategisch stets auf den Punkt präsent und obendrein für die Vielzahl seiner Mitarbeiter nicht nur Vorbild, sondern Vertrauter und Gesprächspartner.
Die große Zahl der Pensionäre an diesem Tag in der Halle hätte ihn besonders gefreut. Viele vertraute Gesichter, langjährige Weggefährten. August Oetker: »Er war Preuße, Patriot und großes Vorbild. Wir alle haben uns so sehr an das Leben mit ihm gewöhnt, dass uns das Leben ohne ihn unmöglich erscheint. Aber alle Begegnungen mit ihm sind heute Geschichte.«
In den vergangenen beiden Jahren hat Rudolf-August Oetker der Journalistin Gina Thomas seine Lebensgeschichte erzählt. Daraus ist ein Buch für die Familie geworden. Mit vielen Zitaten aus dem Werk ließ August Oetker den Senior selbst zu Wort kommen.
Aus der glücklichen Zeit der Kindheit und Jugend: »Schon früh war mir klar, dass ich meinem Vater in der Firma nachfolgen würde. Als Junge hatte ich einen Kaufladen. Ich spielte immer den Einzelhändler. Es hat mir großen Spaß bereitet, den Käse abzusäbeln und zu wiegen. Dann habe ich meine Kunden immer gefragt: 'Darf es ein wenig mehr sein?' Und dann natürlich auch ein paar Pfennige mehr verlangt.«
Aus der Zeit des Arbeitsdienstes unmittelbar nach dem Abitur 1936: »Ich war als Lokomobilführer für den Materialtransport mit Loren eingesetzt. Als Bremser wurde mir Werner Brünger zugeteilt, der von Beruf Maurer war. Wir verstanden uns prima und konnten uns jederzeit aufeinander verlassen. Nach Ende der Dienstzeit sagte ich ihm, wenn ich dir helfen kann, melde dich. Nach dem Krieg kam Werner zu mir, und ich habe ihn als Maurer eingestellt. 'Damit eins klar ist,' meinte Werner, von jetzt an bist du für mich Herr Oetker.' Das hab' ich ihm heimgezahlt, als er in den Ruhestand ging. 'Und von jetzt an bist du für mich der Werner'. . . «
Auch das Buffet, das die Gäste nach der von den Bielefelder Philharmonikern musikalisch umrahmten Feier erwartete, entsprach den Wünschen Rudolf-August Oetkers. Die Küchenmannschaft von »Brenners Park Hotel«, Baden-Baden, bereitete Speisen zu, der Senior immer bestellt hatte, wenn er dort zu Besuch war: Ochsenschwanzsuppe, Kartoffelsuppe mit Würstchen, Frikadellen, Laugenbrötchen mit Mett und Zwiebeln sowie kleine Schnitzel. »Westfälische Kost eben«, sagte Direktionsassistent Jürgen Blödt.

Artikel vom 17.03.2007