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Wort zum Sonntag

Heute von Pfarrer Dr. Dr. Markus Jacobs

Dr. Dr. Markus Jacobs ist Pfarrer in der katholischen Kirchengemeinde Heilig Geist.

Das Thema der globalen Erwärmung erregt seit Monaten die Gemüter. Passend zu den politischen Diskussion und Entscheidungen bildet ein milder Winter eine allgemein zugängliche Erfahrungsgrundlage für alle Interessierten.
In der Heiligen Schrift steht nichts zur Erderwärmung. Trotzdem bieten die Worte Jesu bedenkenswerte Anknüpfungspunkte für unsere heutigen Fragen. Denn zum Thema „Erde“ und „Verantwortung“ ist manches in der Bibel nachzulesen. Wenn man solche Aussagen Jesu liest, sollte man sich am besten gleich von Anfang an fragen: „Wo könnte er jetzt mich meinen? Wo tauche ich als Mensch auf? Sie können sicher sein, dass dabei einige Überraschungen herauskommen.“
Eine der aufschlussreichsten Stellen in dieser Hinsicht findet sich im Lukasevangelium im dreizehnten Kapitel. Dort ist von Gott als Besitzer eines Weinberges die Rede. Wie man sich einen solchen Weinberg vorstellen muss, beschreibt er selbst an anderer Stelle: der Besitzer musste dafür den Boden bearbeiten, eine Mauer anlegen um einfallende wilde Tiere abzuhalten, und oftmals einen Turm bauen - Ähnliches findet man in Deutschland noch heute in Weinanbaugebieten, zu häufig kam eben Diebstahl vor.
Es handelt sich also um eine fest umrissene Fläche, eigens für ein bestimmtes Ziel bearbeitet: den Wein. In diesen Weinberg hinein nun habe Gott als Besitzer Feigenbäume gepflanzt. Solche Feigenbäume benötigen eigentlich all diese Pflege- und Vorsichtsmaßnahmen nicht, aber sie sichern mit ihren Wurzeln den Boden, sie ermöglichen das Spannen von Haltevorrichtungen für die Reben und sie spenden Schatten - in Israel selbst für den Wein ein wichtiger Schutz. Dann spricht die Erzählung Jesu noch von einem Gärtner bzw. Winzer.
Wovon nun soll ich mich angesprochen fühlen? Wo kommt der Mensch ins Spiel? Überraschender Weise ausgerechnet bei dem Feigenbaum! Einer dieser Feigenbäume sei nämlich ohne Frucht. Der Besitzer habe sich das nun drei Jahre angeschaut, einmal aber müsse Schluss sein. Sonst würde er einfach zu viel vom Boden auslaugen.
Lassen wir nun einmal beiseite, dass Jesus sich selbst als Gärtner ausgibt und in dieser Rolle noch ein gutes Wort für den unfruchtbaren Feigenbaum einlegt. Er bietet sogar noch gegenüber seinem Vater, dem Weinbergbesitzer an, den Boden zu lockern und zu düngen - beides haben Feigenbäume im Normalfall nicht nötig, denn sie gehören zum Widerstandsfähigsten, was die Wegränder und Gärten in Israel zu bieten hatten.
Zurück aber zum Menschen: Als Zuhörer muss man schon ziemlich „schlucken“. Denn die Welt Gottes ist schon einmal sofort wesentlich größer als der kleine menschliche Horizont „Weinberg“. Dann ist der Mensch nicht der Besitzer des Weinbergs. Er hat ihn nicht einmal angelegt. Der Mensch ist auch noch nicht der Gärtner, dies übernimmt Gott in seinem Sohn schon selbst. Der Mensch ist sogar nicht einmal der Wein, das bevorzugte Gewächs dieses Gartens. Dieser Garten „Erde“ dreht sich also gar nicht um den Menschen. Die Erde ist folglich nicht um des Menschen willen angelegt worden. Sondern der Mensch trägt zwar eigene Früchte, im Inneren des Weinbergs steht er aber eher aus dienenden Gründen: Stütze bieten, Schatten spendenÉ Und selbst bei dieser seiner Aufgabe muss in den Augen Gottes sogar noch eine Abwägung vollzogen werden. Denn der Feigenbaum bzw. der Mensch laugt die Erde im selben Moment aus. Wenn er also keine Früchte bringt, muss er sich fragen lassen, ob er im Garten noch richtig ist.
Solche Worte Jesu sind sehr nüchtern. Sie zielen „Gott sei Dank“ nicht auf das Umhauen, sondern auf die „Verbesserung der Ertragslage“ des Menschen. Aber sie zeigen sehr wohl, wo der Schlüssel zur Veränderung in der Klimafrage und den vom Menschen abhängigen Erwärmungen im Garten Gottes liegen könnte. Die Menschen heute müssen sich fragen lassen, ob sie nicht ihre eigene dienende Stellung in der Welt vergessen haben.

Artikel vom 17.03.2007