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Auf dem Dampfer ist
jeder ein Seemann!

Kellner wie Musiker: Kreuzfahrtcrews üben den Notfall

Von Axel Büssem
Rostock (dpa). Sie kämpfen sich durch lodernde Flammen, treiben im eiskalten Wasser und fallen im Rettungsboot ins Meer - dabei wollten sie doch nur als Koch, Musiker oder Kellner auf einem Kreuzfahrtschiff arbeiten.
Die Bord-Dienstleister üben im Wasser eine Rettungskette.

Doch Notfälle an Bord sind nie ganz auszuschließen - und in Rostock werden angehende Crewmitglieder von Luxusschiffen für dergleichen geschult. In dem einwöchigen Kurs sollen die knapp 20 Teilnehmer lernen, sich selbstbewusst Gefahren zu stellen und die Ruhe zu bewahren.
Seit rund zwei Jahren bietet das Aus- und Fortbildungszentrum Schifffahrt und Hafen (AFZ) in Rostock diese Sicherheitsgrundausbildung an, die zusammen mit dem Rostocker Kreuzfahrtunternehmen AIDA Cruises konzipiert wurde. Inzwischen kommen dafür Teilnehmer aus ganz Europa an die Ostsee.
Die meisten der jährlich rund 800 Absolventen haben vorher noch nie etwas mit Schifffahrt zu tun gehabt, erklärt Christian Isernhagen vom AFZ. »Viele denken, sie können an Bord einfach den Job weitermachen, den sie an Land gemacht haben.« Doch jeder Seemann - und dazu zählen eben auch die Dienstleister an Bord - müsse im Notfall mit anpacken und sich laut Gesetz entsprechend vorbereiten.
Am ersten Tag werden die jungen Leute gleich ins Feuer geschickt - und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Im Brandübungscontainer werden alle möglichen Brände simuliert, die auf einem Schiff ausbrechen können, und die Kursteilnehmer müssen sie löschen. In Feuerwehranzügen samt 15 Kilo schweren Pressluftflaschen kämpfen sich die Zweierteams durch die Flammen. »Dabei lernen sie unter anderem, dass sie Türen nur aufmachen dürfen, wenn sie geduckt sind, damit die Flammen über ihre Köpfe hinweg schlagen«, erklärt Ausbilder Reinhard Hänsel. »Nach der Übung haben sie ein ganz anderes Selbstbewusstsein im Umgang mit Feuer und trauen sich näher heran.«
Am zweiten Tag steht ein besonderer Nervenkitzel auf dem Programm: Die ganze Gruppe stürzt sich mit dem sogenannten Freifallboot sieben Meter in die Tiefe. Der Respekt steht den Teilnehmern ins Gesicht geschrieben. »Solche Rettungsboote gibt es zwar auf Kreuzfahrtschiffen nicht, aber diese Übung stärkt das Teamgefühl«, sagt Hänsel. Das geschlossene Boot hängt mit dem Bug schräg nach unten an einem Haken. Dann saust es hinab und taucht tief ins Wasser ein. Anschließend dreht jeder Teilnehmer eine Runde am Steuer durch das Hafenbecken. Die anderen versuchen derweil, mit Stangen Rettungsringe an Bord zu holen, die Schiffbrüchige simulieren.
Beim Training im Überlebensanzug müssen sich die Crewmitglieder, die später vielleicht durch die Karibik oder andere warme Gewässer kreuzen, in der eiskalten Ostsee bewegen. »Dabei lernen sie, wie sie sich vor dem Auskühlen schützen, sich im Wasser bemerkbar machen oder von einem Hubschrauber geborgen werden«, erklärt Hänsel. Weitere Themen des Kurses sind der Umgang mit Signalmunition oder Erste Hilfe.
Dass die Grundausbildung nötig ist, sehen die Teilnehmer ein, auch wenn sie rund 260 Euro für den Kurs aus eigener Tasche zahlen müssen. »Wir gehören ja auch zur Besatzung und müssen im Notfall helfen«, sagt Verena Muffel aus Roth in Bayern, die einmal die Kinder auf der »AIDAaura« betreuen wird.
www.afz-rostock.de

Artikel vom 17.03.2007