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»Da ist eine Leiche auf meinem Hofe«

Hans Schumacher und Hans Lohmann bringen erneut Senner Heimatgeschichte als Buch heraus

Von Markus Poch (Text und Foto)
Senne (WB). Dieses Mal stehen die Menschen im Mittelpunkt: »Sitten und Bräuche bei Festen und Feiern während des Lebenslaufes« heißt ein neuer Geschichtsband, den der Senner Heimatpfleger Hans Schumacher (69) und sein technischer Helfer Hans Lohmann (66) gerade fertiggestellt haben.

Das 168 Seiten starke Buch enthält wertvolle Bruchstücke der Senner Heimatgeschichte vom 18. Jahrhundert bis in die 1950er Jahre. Dazu gehören unter anderem Hochzeitsfotos und Querschnitte durch Konfirmationsurkunden und Glückwunschkarten. An ihnen ist der Wandel der Zeiten zum Beispiel in Mode und Politik deutlich zu sehen. »Und alles garantiert mit Senne-Bezug!«, betont Hans Schumacher, der bereits 1990 mit den Vorarbeiten begonnen hatte. Damals verteilte er Fragebögen an 50 alteingesessene Familien der umliegenden Höfe, um die Ergebnisse in einem Buch zusammen zu fassen. Es wuchs ein Berg an historisch bedeutsamen Unterlagen heran, aber auch die Erkenntnis, dass ein Buchprojekt viel zu teuer und damit nicht realisierbar sein würde. »Das Zeug lag dann 15 Jahre in der Ecke - bis Herr Lohmann auftauchte«, sagt Schumacher. Besagter Hans Lohmann, wie Schumacher ein »Ur-Senner«, war Geschäftsführer eines Bauunternehmen und hatte nach seiner Pensionierung 2003 damit begonnen, sich mit der Text- und Bildbearbeitung am Computer sowie Layout-Fragen vertraut zu machen. Außerdem arbeitete er die eigene Familiengeschichte auf.
Anfang 2006 veröffentlichten die beiden in Koproduktion bereits den Band »Militär-Dienstpflichten und Kriegsteilnahmen bis 1918«, und nun liegt das nächste Werk vor. »Für mich ist ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung gegangen«, gesteht Schumacher, »denn nur in dieser Konstellation ist es finanziell möglich, solche Bücher auf den Markt zu bringen.« In Planung sei bereits der dritte und letzte Band der Heimat-Reihe, Thema »Sitten und Bräuche im Jahreslauf«. Er soll 2008 erscheinen.
»Viele der Menschen, die ich damals befragt habe, leben heute schon nicht mehr«, erklärt Schumacher. »Deshalb ist unser neues Buch eine beachtliche Quelle an volkskundlichen Dingen, die ohne Umfrage schon verloren gegangen wären.« Seine Recherchen endeten in den 1950er Jahren, »weil die Senner Sitten und Bräuche mit Ende des Zweiten Weltkrieges vom Brauchtum der Flüchtlinge und Migranten überlagert wurden«, ergänzt der Heimatpfleger.
Immer wieder gerne erinnert sich Schumacher an eine skurrile Entdeckung, die er bei Nachforschungen auf dem Dachboden des Hofes Steinkröger machte: »Dort stand unbeachtet eine alte Holztruhe ohne Inhalt. Auch das Geheimfach sei leer, sagte man mir«, berichtet Schumacher. Er schaute trotzdem nach und - entdeckte einen Zettel aus dem Jahre 1913 mit der Aufschrift: »Da augenblicklich eine Leiche bei mir auf dem Hofe ist, frage ich hierdurch höflichst an, ob es erlaubt ist, den mir von W. Cordbarlag angezeigten Weg als Leichenweg benutzen zu dürfen. . .«
Diese und andere Heimatgeschichten enthält das aktuelle Buch. Es ist im Museum Osthusschule erhältlich oder im Senner Buchladen »Ex libris«. Auf Wunsch können Schumacher und Lohmann persönliche Familiendaten exklusiv einarbeiten.

Artikel vom 17.03.2007