15.03.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Partyaffäre: Richter serviert Rechnung

Harte Worte für verurteilten Beamten - Burghotel bewirtete weitere Nutznießer

Von Christian Althoff
Detmold (WB). Die Urteilsbegründung traf Joachim Büneman (54) vielleicht härter als der Schuldspruch selbst: 15 Minuten lang erläuterte der Vorsitzende Richter Michael Reineke dem suspendierten Vorsteher des Landesverbandes Lippe in eindringlichen Worten, welchen Schaden er angerichtet hat - für sich, seine Familie, sein Amt und den Landesverband.
Drei der fünf Richter: Vorsitzender Michael Reineke, ein Schöffe und Richterin Britta Wobker.Verteidiger Dr. Wilhelm Krekeler prüft das Urteil.
Nach der Beweisaufnahme konnte selbst Bünemanns Verteidiger Dr. Wilhelm Krekeler nicht mehr an einer Verurteilung zweifeln. »Es steht fest, dass der Angeklagte das Essen zu seinem 50. Geburtstag nicht bezahlt hat. Und dass seine Mitarbeiter die 1592,50 Euro als Werbungskosten verbucht haben, weil sie ansonsten Repressalien befürchteten«, erklärte Staatsanwalt Frank Stegen in seinem Plädoyer. Nicht beweisen lasse sich dagegen, dass Bünemann seine Mitarbeiter aufgefordert habe, die Party falsch zu verbuchen. Stegen forderte schließlich wegen Vorteilsannahme eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu jeweils 130 Euro - dem von Joachim Bünemann angegebenen Netto-Tagesverdienst.
Die Fakten des Falls konnte auch Verteidiger Wilhelm Krekeler nicht aus der Welt plädieren: »Es liegt ein Versagen meines Mandanten vor«, gestand er zu. Als Bünemann keine Rechnung bekommen habe, hätte er das »nicht einfach so laufen lassen dürfen«, sagte der Anwalt aus Dortmund. Ob das allerdings strafbar sei, habe das Gericht zu entscheiden, meinte Krekeler, der sein Plädoyer ohne Antrag auf ein bestimmtes Urteil schloss.
Für die drei Berufsrichter und die beiden Schöffen stand die Schuld des Beamten außer Frage. »Ihre vier Vorgänger an der Spitze des Landesverbandes Lippe standen für Rechtschaffenheit und Sparsamkeit. Und daran müssen Sie sich messen lassen!«, stellte der Vorsitzende Richter Michael Reineke in seiner Urteilsbegründung fest. Bünemann sei »schwach und seiner Stellung nicht gerecht« geworden.
Aufrecht sitzend, den Blick dem Richter zugewandt, folgte der Verurteilte den weiteren Ausführungen Reinekes. Niemand nehme ihm ab, dass er es 2001 einfach nur vergessen habe, die Rechnung über 5000 Mark für das Hochzeitsessen seiner Tochter zu bezahlen, sagte der Richter. Zwar sei die Party, die ebenfalls über den Verband abgerechnet worden war, wegen Verjährung nicht in der Anklage aufgetaucht, aber man habe sich trotzdem mit ihr befassen müssen. »Denn dass jemand einfach vergisst, zwei so große Privatfeiern zu bezahlen, ist nicht vorstellbar.«
Reineke sagte, Bünemann habe seinen eigenen Namen in den Dreck gezogen und seiner Familie weh getan: »Die Tochter glaubte, ihr Vater habe ihre Hochzeit bezahlt, und musste nun erfahren, dass es ganz anders war.« Auch den Landesverband, der mit seinen 300 Mitarbeitern sehr viel für die Kultur in Lippe leiste und unverzichtbar sei, habe Bünemann belastet. »Ob Sie wieder in ihr Amt zurückkehren können, hatten wir nicht zu entscheiden.« Der Prozess habe allerdings gezeigt, dass im Landesverband einiges im Argen liege und die Öffentlichkeit nun sicher jemanden suche, der dafür die Verantwortung trage. So war in der Verhandlung bekanntgeworden, dass nicht nur Joachim Bünemann Nutznießer des verbandseigenen Burghotels Blomberg gewesen war. Unterlagen zufolge, die der Vorsitzende Richter vorlas, hatte auch der Vize-Vorstandsvorsitzende der Lippischen Landesbrand-Versicherung, Paul Gerhard Reimann, seinen 50. Geburtstag am 20. Oktober 2002 zu Sonderkonditionen gefeiert: Statt 42 Euro brauchte Reimann nur 21 Euro pro Gast für Speisen und Getränke zu bezahlen. Die andere Hälfte der Kosten trug das Hotel, verbucht als Werbeausgaben.
Zu der Frage, ob er seine Rückkehr auf den Chefsessel des Landesverbandes für möglich halte, wollte sich Joachim Bünemann nach dem Prozess nicht äußern. Sein Anwalt Wilhelm Krekeler sagte: »Man soll nur anstreben, was möglich ist, und was das ist, werden wir jetzt prüfen.« In spätestens fünf Wochen liegt dem Verteidiger die schriftliche Urteilsbegründung vor, und dann will er entscheiden, ob er in Revision geht. Denn an die Urteilsgründe des Landgerichts sind jene Ermittler gebunden, die im nun folgenden Disziplinarverfahren über die Zukunft Joachim Bünemanns zu entscheiden haben - und da steht alles auf dem Spiel.

Artikel vom 15.03.2007