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In Filmen spiegeln sich die wahren Fragen und Werte des Lebens wider

Im Kino tut sich was: Ist
jetzt »Schluss mit lustig?«
Von Hans Thomas


Nach »Wir sind Papst« und »Wir sind Weltmeister« (wenn schon nicht im Fußball, so doch wenigstens im Handball) nun auch noch: »Wir sind Oscar«! Der weltweit ersehnte Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film nach Deutschland! Preisgekrönt: »Das Leben der Anderen«, Florian Henckel von Donnersmarcks Erstlingswerk. Dazu mit einem echt deutschen Thema - eines aus dem zweigeteilten Deutschland. Kein Gewalt-Krimi, weder Spaßprodukt noch Wohlfühl-Story. Ein ernster, anspruchsvoller Film. Große Freude. Die Nation nimmt Anteil.

Nach Jahrzehnten seichten Flimmerns - von Ausnahmen abgesehen - nicht das einzige Kino-Event mit höherem spezifischen Gewicht. Tatsächlich haben unsere Filmemacher jüngst die Kinowelt wiederholt überrascht, so mit »Der neunte Tag« von Volker Schlöndorff (2004), »Der Untergang« von Oliver Hirschbiegel (2004), »Sophie Scholl. Die letzten Tage« von Marc Rothemund (2005). Es scheint die jüngere deutsche Geschichte zu sein, die bei uns der Filmkunst wieder auf die Sprünge hilft. 60 Jahre »danach« sind Tabus gefallen, die es nicht erlaubten, die »Vergangenheitsbewältigung« in bewegten Bildern zu inszenieren.

»Stärker als gelehrte Bücher bohrt sich die Bilderwelt des Films in das Bewusstsein.«
 Stärker als gelehrte Bücher, wirksamer als jedes andere Medium bohrt sich die Bilderwelt des Films in das Bewusstsein, die Fühl- und Denkwelt der Gesellschaft zumal der Jungen, für die das Gewesene oft schon so fern ist wie Napoleon. Wie das Geschehen in der nationalsozialistischen Zeit auf die Leinwand bringen? Welche Verantwortung der Filmemacher!

Gewiss ist das Kino vorrangig eine Welt der Unterhaltung. Und gerade sie spiegelt den Zustand in der Gesellschaft, die aktuellen Strömungen in ihr, das Menschenbild, das sie beseelt. Und sie prägt, beeinflusst und fixiert zugleich die Sicht auf Mensch und Welt, die in der Gesellschaft herrscht oder herrschen soll. Lange Zeit war die Bilanz vernichtend: dünnflüssig, spaßbetont, gottlos, gewalt- und pornoanfällig, familienfeindlich. Peter Hahne mahnte das Ende der Spaßgesellschaft an. Also »Schluss mit lustig«?

Offenbar tut sich da etwas auch im Kino. Wenn die Zeichen nicht trügen, finden die wahren Fragen - und Werte - des Lebens wieder stärkere Berücksichtigung. Nicht nur in Deutschland, auch in Hollywood und anderswo. Filme mit hohen moralischen Werten haben laut Nachrichtenagentur »idea« in den letzten drei Jahren mehr Geld eingespielt als Filme, bei denen es viel Gewalt und Sex zu sehen gab. Seit einigen Jahren, fügt José García in seinem Beitrag hinzu, wird im Kino unübersehbar die Familie wieder vermehrt positiv besetzt.

In Rothemunds »Sophie Scholl« stehen - deutlicher als in »Die weiße Rose« von Michael Verhoeven 1982 - mehr als die politischen die Weltanschauungsaspekte im Vordergrund: eine Reise in die reiche Innenwelt einer lebensbejahenden, hochgebildeten jungen Frau. Als tiefste Quelle ihres Widerstandes gegen das atheistische Staatssystem erscheine der christliche Glaube, den die Geschwister Scholl im Kontakt mit großen christlichen Denkern neu entdeckt hatten. Auch in »Der neunte Tag« spiele der Glaube des im KZ gefangenen katholischen Geistlichen eine zentrale Rolle.

Erst recht wären 1980 oder 1990 ein Film wie Mel Gibsons »Die Passion Christi« (2004) und seine Einspielergebnisse völlig unvorstellbar gewesen. Aber nicht nur Spielfilme mit direkt »religiösem« Inhalt zeugen, schreibt García, von einem wieder erstarkenden Interesse am Christentum. Wie das Buch Hiob verdeutliche der dänische Spielfilm »Adams Äpfel« (Anders Thomas Jensen, 2005) die neue Nähe des Kinos zu den Grundfragen der menschlichen Existenz und der Antwort aus dem christlichen Glauben: Liebe, Vergebung, Leiden, Schuld und Sühne, Sehnsucht nach Erlösung.

Artikel vom 24.03.2007