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»Abzocke« im Netz nimmt zu

Flut von dubiosen Rechnungen - 22 000 Beschwerden seit Februar

Düsseldorf (WB/bk). Immer mehr dubiose Internet-Anbieter versuchen, Verbrauchern mit falschen Rechnungen das Geld aus der Tasche zu ziehen. »Betroffene sollten auf keinen Fall zahlen«, rät die Verbraucherzentrale NRW.
Falle Internet: Wo steht das Kleingedruckte?
»Allein in den vergangenen vier Wochen sind bundesweit etwa 22 000 Beschwerden eingegangen, darunter 5000 aus NRW«, sagte der Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, Klaus Müller. Die zwielichtigen Anbieter werben mit Model-Castings, Intelligenz-Tests, Ahnenforschung, Hausaufgabendiensten oder Gratis-SMS. Hinter den vermeintlich kostenlosen Angeboten steckten im Kleingedruckten vieler Internet-Seiten teure Dienste oder sogar Abonnements mit zwei Jahren Laufzeit.
»Die falschen Rechnungen belaufen sich im Schnitt auf 30 bis 50 Euro. Da die Beiträge nicht exorbitant hoch sind, zahlen viele Verbraucher, um Ärger zu vermeiden«, sagte Anke Kirchner, Juristin der Verbraucherzentrale NRW, gestern dieser Zeitung. Das sei jedoch der falsche Weg. Vielmehr sollten Opfer die Zahlung konsequent verweigern und sich nicht durch Drohungen mit einem negativen Schufa-Eintrag oder dem Gerichtsvollzieher einschüchtern lassen. Da in den meisten Fällen kein wirksamer Vertrag zustande gekommen sei, gebe es keinen Grund zu zahlen.
Allerdings sollten Verbraucher die Rechnungen auch nicht einfach ignorieren. »Wer sich nicht früh genug per Widerspruch wehrt, wird oft monatelang mit einer Flut von Drohbriefen belästigt«, sagte Kirchner.
Auf den Internet-Seiten der Verbraucherzentralen seien Musterbriefe mit Widersprüchen abrufbar, mit denen sich Verbraucher zur Wehr setzen könnten. Angst vor einem Prozess müsse niemand haben. Bisher hätten die dubiosen Rechnungssteller noch in jedem Fall, in dem die Verbraucher sich gewehrt hätten, auf die Forderungen verzichtet.
Auch die Bielefelder Polizei hat bereits Anzeigen von Geschädigten erhalten. »Immer wieder versuchen dubiose Firmen, mit solchen unseriösen Angeboten abzukassieren«, sagte der Experte für Computerkriminalität, Michael Schneider. Er rät betroffenen Bürgern, sofort Anzeige zu erstatten.
Um Online-Betrügereien effektiver vorzubeugen, fordert die Bundesregierung ein EU-weites Entschädigungsrecht. »Wir haben es im Internet zum Teil mit einer großen betrügerischen Energie zu tun«, sagte Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU). Es sei erforderlich, die Verbraucher stärker zu schützen. Er unterstütze daher Vorschläge der EU-Kommission, jedem Bürger bis 2013 einen gleichwertigen Rechtsschutz zu verschaffen, unabhängig davon, ob er im Internet oder einem Supermarkt einkaufe.
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www.verbraucherzentrale-nrw.de

Artikel vom 16.03.2007